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13767 3 Millionen Euro für Athleten-Nachwuchs

Die Sportstiftung NRW nimmt 427 Athletinnen und Athleten in ihr neu gestaltetes Fördersystem auf. In einem ersten Aufschlag wird bis 2025 die Rekordsumme von drei Millionen Euro in die Nachwuchsförderung im Sportland NRW investiert.

Die Talente haben einen neuartigen Bewerbungsprozess durchlaufen. Neben den sportlichen Ergebnissen und einer Talenteinschätzung durch den Verband, werden erstmalig auch Persönlichkeitseigenschaften berücksichtigt. Ziel der Stiftung ist die Auswahl und Unterstützung mündiger Athletinnen und Athleten.

Fast 700 Athletinnen und Athleten haben sich zwischen Frühjahr und Sommer um eine direkte monatliche Talent-Förderung bei der Sportstiftung beworben. 70 Prozent der Bewerbungen hat der Stiftungsvorstand um seinen Vorsitzenden, den ehemaligen NRW-Innenminister Dr. Ingo Wolf, Mitte September bewilligt. Zudem wurden 81 NRW-Sportstiftungs-Stipendien vergeben. Der Beschluss erreicht eine in der Stiftungshistorie nie dagewesene Dimension: Von Oktober 2023 bis September 2025 werden jährlich etwa 1,6 Millionen Euro in die Nachwuchsförderung investiert.

Das reformierte Auswahlverfahren ermöglicht es den Athletinnen und Athleten, sich auf eigene Initiative für die neue Talent-Förderung und das NRW-Sportstiftungs-Stipendium zu bewerben. Zum Verfahren gehören ein Motivationsschreiben, ein Bewerbungsvideo sowie ein Persönlichkeitsfragebogen. Den Bewerberinnen und Bewerbern werden Fragen zu sechs Kompetenzfeldern gestellt, die mündige Athletinnen und Athleten aus Sicht der Stiftung auszeichnen.

Vorbildliche, mündige Persönlichkeiten ausgewählt.
World-Games-Athleten erstmals gefördert

Die Geförderten kommen überwiegend aus olympischen Disziplinen (84 %, davon 5 % Wintersportarten). Talente aus World-Games-Sportarten konnten sich erstmalig bewerben. Ihr Anteil beträgt elf Prozent. Der Anteil paralympischer und deaflympischer Sportlerinnen und Sportler beträgt fünf Prozent. Das Geschlechterverhältnis ist ausgeglichen.

Grundlage des reformierten Fördersystems ist das im Mai 2022 durch das Stiftungskuratorium beschlossene und zum 1. Januar 2023 in Kraft getretene Förderkonzept

Dr. Ingo Wolf, Vorstandsvorsitzender: „Wir möchten den leistungssportlichen Nachwuchs in Nordrhein-Westfalen nach besten Kräften unterstützen. Deshalb fördern wir die Vereinbarkeit von Leistungssport mit der beruflichen Ausbildung. Als Sportstiftung NRW erkennen wir den gesellschaftlichen Wert mündiger Persönlichkeiten und Vorbilder.“

Maximilian Hartung, Geschäftsführer: „Wir wollen kein Fördersystem, das sich allein am internationalen Medaillenspiegel orientiert und den Menschen, der die Leistung bringt und das Publikum begeistert, dadurch austauschbar macht. Deswegen haben wir uns mit jeder einzelnen Bewerbung und damit mit jedem Talent auseinandergesetzt. Die eingereichten Bewerbungen zeigen – die Debatte um die fehlende Leistungsbereitschaft der Jugend geht an der Realität vorbei. Wir haben hoch motivierte und engagierte Athletinnen und Athleten in Nordrhein-Westfalen. Jetzt ist unsere Aufgabe im Sportland NRW für sie die bestmöglichen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit sie ihre Potenziale voll entfalten können.”

Foto v.l.: Jarl Kürbis (Säbelfechter), Nikita Mohr (Ruderer), Nele Thomas (Speedkletterin), Dr. Ingo Wolf, Joshua Onyekwue Nnaji (Hockeyspieler), Maximilian Hartung.

Nikita Mohr, geförderter Leichtgewichtsruderer: „Ich finde gut, dass Athleten durch das Bewerbungsverfahren der Sportstiftung NRW einen deutlich größeren Einfluss auf ihre Förderung nehmen können. Mündigkeit bedeutet für mich, selbstreflektiert zu sein und den Mut zum Diskurs über Missstände zu haben.“

Joshua Onyekwue Nnaji, geförderter Hockeytorhüter: „Ich versuche, Menschen mit meiner Leidenschaft Hockey zu begeistern. Ich möchte Vorbild sein und Kindern zurückgeben, was ich als kleiner Junge von meinen Idolen erwartet habe. Wenn ich mich nach einem Heimspiel noch einmal für die Kids ins Tor stelle, ist das für mich wenig Aufwand, aber für sie so aufregend. Das macht mich das glücklich und stolz. Durch die Förderung fällt viel mentaler Druck von mir ab. In Randsportarten macht es einen großen Unterschied, monatlich 250 Euro Talent-Förderung in der Tasche zu haben oder nicht.“

Überblick:

427 Athletinnen und Athleten aus einem der Nachwuchskader (NK 1, NK 2, LK+) erhalten ab Oktober eine Talent-Förderung in Höhe von 250 Euro pro Monat. Die Förderung hat grundsätzlich zwei Jahre Bestand. Alle Geförderten haben das neue Auswahlverfahren erfolgreich durchlaufen. Zentrales Element ist das 6-Kompetenzen-Modell. Es beschreibt sechs Eigenschaften und Kompetenzen, die Mündigkeit erkennen lassen: Intrinsische Motivation, Respekt, Emotionale Kompetenz, Team- und Kritikfähigkeit, Authentizität und Engagement.
Jährliches Volumen der Talent-Förderung: 1,28 Mio. Euro  

81 Studierende erhalten zum Wintersemester 2023/24 ein NRW-Sportstiftungs-Stipendium in Höhe von 300 Euro pro Monat. Das Stipendium wird zum ersten Mal zusätzlich zur Talent-Förderung vergeben. Voraussetzung dafür ist, dass Athletinnen und Athleten auch in ihrer akademischen oder beruflichen Ausbildung mindestens „gute“ Leistungen vorweisen.
Jährliches Volumen des NRW-Sportstiftungs-Stipendiums: rd. 292.000 Euro. 

131 Jugendliche erhalten bereits seit August eine Internatsplatz-Förderung in Höhe von bis zu 350 Euro pro Monat. Diese Unterstützung reduziert den Eigenanteil, den Bewohner der NRW-Sportinternate bzw. ihre Eltern für einen Internatsplatz aufbringen müssen. Ziel ist eine Deckelung auf maximal 300 Euro pro Monat. Die Internatsplatz-Förderung wird grundsätzlich bis zum jeweils nächsten Schulabschluss – für Dauer von bis zu drei Jahren – ausgesprochen. 
Jährliches Volumen der Internatsplatz-Förderung: rd. 442.000 Euro 

Alle Geförderten eint ihr enger Bezug zum Sportland NRW. Ihr Trainings- und/oder Lebensmittelpunkt bedindet sich in Nordrhein-Westfalen und/oder sie starten für einen NRW-Verein.

Categories: News Schlagwörter: , , , , , , , , | Comments 13136 Alumni trainieren Teamgeist unter Tage

Nach der Sportkarriere in kein Loch fallen – vor dieser mentalen und beruflichen Herausforderung stehen alle Athletinnen und Athleten irgendwann. Die Sportstiftung NRW hat deshalb Olympioniken und frühere Spitzentalente verschiedener Sportarten zu einem besonderen Trainingserlebnis unter Tage eingeladen. Im Trainingsbergwerk Recklinghausen absolvierten die Mitglieder des Alumni-Netzwerks einen Übungsparcours der Grubenwehr, um sich gemeinsam auf die nachsportliche Lebensphase einzustimmen.

Das Alumni-Event wurde 2021 von der Sportstiftung NRW und Partner WestLotto ins Leben gerufen, um den Zusammenhalt ehemaliger NRW-Athletinnen und -Athleten zu stärken und nachsportliche Förderangebote zugänglich zu machen. Die Stiftung begleitet den Umbruchprozess mit Coachingangeboten und Berufseinstiegsprogrammen. Nach Stationen am Eiskanal in Winterberg 2021 und beim Target Sprint in Dortmund 2022 fand das Alumni-Event am 2. September 2023 zum dritten Mal statt.

Die Teilnehmer stellten sich einem spielerischen, aber körperlich herausfordernden Wettbewerb unter Tage. Das Trainingsbergwerk Recklinghausen verfügt über einen Übungsparcours, in dem die Grubenwehr verschiedene Rettungsszenarien trainiert. Der abgedunkelte Parcours kann stellenweise nur kriechend bewältigt. Für die Alumni-Teams galt es, in kürzester Zeit den richtigen Weg durch die engen Gänge zu finden.

„Ich war vorher ziemlich aufgeregt. Wir wussten nicht so richtig, was auf uns zukommt“, sagt Alumni Nadine Apetz, Olympiateilnehmerin 2021 im Boxen. „Das war Wettkampf-Feeling. Der Körper kennt das noch und hat alles hochgefahren. Der Parcours war ordentlich anstrengend, aber hat viel Spaß gemacht.“ Auch Ex-Stabhochspringer Karsten Dilla kletterte nassgeschwitzt, aber grinsend aus dem Parcours: „Meine Erwartungen an das Alumni-Event der Sportstiftung sind immer sehr hoch – aber sie wurden wieder alle erfüllt.“

Der Film zum Alumni-Event 2023

Alumni-Athleten trainieren Teamgeist unter Tage

Der Film zum Alumni-Event 2023

Authentische, nahbare Vorbilder für Nachwuchsportler

Dr. Ingo Wolf, Vorstandsvorsitzender der Sportstiftung NRW: „Das Gemeinschaftsgefühl von Bergleuten und von Sportlern ist für sich einzigartig. Durch unser Alumni-Netzwerk stärken wir diesen Zusammenhalt und bewahren die wertvollen Erfahrungen vielfältiger Sportlerkarrieren für künftige Generationen.“ 

Maximilian Hartung, Geschäftsführer der Sportstiftung NRW: „Auch Dank der Expertise früherer Spitzenathletinnen und -athleten hat die Sportstiftung in diesem Jahr ihre Individualförderung für Nachwuchstalente reformiert. Unser Ziel ist es ausgewählte junge Athletinnen und Athleten in ihrer Entwicklung zu mündigen Persönlichkeiten zu unterstützen. Alumni nehmen dabei als Vorbilder und authentische, nahbare Ratgeber eine wichtige Rolle ein.“

Andreas Kötter, Geschäftsführer von WestLotto: „Das Alumni-Event hat sich zu einer guten Tradition entwickelt – und wir sind stolz darauf, von Anfang an dabei zu sein. Die ehemaligen Athletinnen und Athleten wissen, dass sie hier ein starkes Netzwerk finden und Partner, auf die sie sich verlassen können. Für uns bedeutet sportliche Förderung mehr als nur die nächste Medaille im Blick zu haben.“

Alumni-Event 2023 in Bildern

Die Teilnehmer 2023:

Mareike Adams, Rudern (OS, WM-Bronze, 2x EM-Silber)

Nadine Apetz, Boxen (OS, WM-Bronze, EM-Bronze)

Mareike Arndt, Siebenkampf (EM, DM)

Karsten Dilla, Stabhochsprung (OS, EM)

Linn Freisewinkel, Wasserball

Lara Hoffmann, 400-Meter-Sprint (OS, EM-Gold & -Silber)

Laura Kampmann, Rudern (Silber U23 WM)

Max Keller, Boxen (DM Superschwergewicht)

Charlotte Körner, Rudern (U23 WM)

Benjamin Lenatz, Para Triathlon (WM, EM)

Leon Schandl, Rudern (Silber University World Games)

Frederik Schreiber, Judo (Silber European Cup)

Anna Tully, Bobsport (OS, WM-Gold, EM)

Victoria von Eynatten, Stabhochsprung (U20 WM-Silber)

Stefan Wallat, Rudern (2x WM-Gold)

Stefan Windscheif, Volleyball (EM)

(größte Erfolge: Teilnahme OS = Olympische Spielen, PS = Paralympische Spiele, WW =Weltmeisterschaften, EM = Europameisterschaften. DM = Deutscher Meistertitel)

Mehr als 30 ehemalige Spitzensportlerinnen und -sportler aus NRW haben sich dem Alumni-Netzwerk angeschlossen.

Christoph Tesche, Bürgermeister Stadt Recklinghausen, übernahm die Siegerehrung beim Alumni-Event: „Recklinghausen ist eine Sportstadt und hat immer wieder herausragende Sportlerinnen und Sportler hervorgebracht. Es ist gut und richtig, dass diese Spitzensportlerinnen und Spitzensportler auch nach dem Ende der Karriere begleitet und ihnen Perspektiven aufgezeigt werden. Diesen ganzheitlichen Ansatz der Sportstiftung finde ich großartig. Nachwuchsathletinnen und -athleten – die Nachfolger der Alumni – haben es verdient noch mehr Unterstützung zu bekommen.“

Das Team mit Stefan Wallat und Frederik Schreiber, unterstützt von Hannah Pohl (Sportstiftung), benötigte für den Parcours rund 19 Minuten und erreichte damit die schnellste Zeit.

Geschichte des Steinkohlebaus seit 2019 erlebbar

Das Trainingsbergwerk befindet sich unter der Halde der Zeche Recklinghausen-Hochlarmark und wird von rund 80 aktiven ehrenamtlichen Mitgliedern eines Fördervereins getragen – darunter zahlreiche ehemalige Bergleute. Im Zweiten Weltkrieg diente es zunächst als Luftschutzbunker. Mit dem Ausbau in den 70ern zum Ausbildungsgelände für Bergleute erhielt die Anlage eine neue Bestimmung. Es entstand ein Streckennetz von 1,2 km Länge. Seit 2019 können Besucher die harte und anspruchsvolle Arbeit der Kumpel im Steinkohlebau bei verschiedenen Führungen aktiv kennenlernen. Auch der letzte „Schwarzbus“ des Reviers parkt im Trainingsbergwerk. Der Bus fuhr die Kumpel über Tage zwischen den Schachtanlagen hin und her.

Wir danken allen Helfern vom Trainingsbergwerk Recklinghausen e.V. für ihre Unterstützung!

Categories: News Schlagwörter: , , , , , , , , , , , , , | Comments 12843 „Chengdu war ein Brett“

Spitzenathlet*innen aus NRW berichten von den FISU World University Games 2023 in China.

Aiyu führte das deutsche Team als Fahnenträger zur Eröffnungsfeier und überraschte sich im Turnmehrkampf selbst. Malik feierte die asiatische Kultur und die asiatische „Wundertüte“ beim Badminton. „Oldie“ Lukas war trotz einer bitteren Niederlage mit der Wasserballmannschaft am Ende unglaublich froh. Leichtathlet Luke schwebte schlichtweg „im Himmel für Sportler“. Hier schildern sie ihre Erlebnisse:

Luke Zenker startet in NRW für den TSV Bayer 04 Leverkusen. Foto ©Arndt Falter

Luke Zenker (20), Stabhochspringer aus Leverkusen

Luke studiert Architektur an der TH Köln.

„Ich habe einen jungen Chinesen gefragt, warum er sich als Volunteer bei den University World Games gemeldet hat. Er sagte, es sei die Woche seines Lebens. Mein Vereinskollege Torben Blech hat von seiner Teilnahme (Neapel 2019) geschwärmt, als wäre es der Himmel für Sportler – und das war es für mich jetzt auch! Ich wollte gar nicht mehr zurück. So stelle ich mir der Olympischen Spiele vor. Alle Nationen waren im Umkreis von 500 Metern untergebracht. Von vorne bis hinten war alles organisiert. Man musste sich um nichts Sorgen machen. Sogar meine Stäbe wurden vom Flieger direkt zur Wettkampfstätte geliefert. Ich fand schön, dass es auch darum ging, das alles zu genießen. Ein richtig schöner Vibe.

Es waren unfassbar viele Zuschauer im Stadion bei meinem Stabhochsprung-Finale – 40.000 wurde mir gesagt. Ich kriege jetzt schon wieder Gänsehaut. Dafür mache ich diesen Sport. Das motiviert mich total, irgendwann auch Olympische Spiele zu erreichen. Ich übe schon länger, während des Wettkampfs mal ins Publikum zu schauen und die Stimmung zu genießen. Das hat in Chengdu sehr gut geklappt.

Im Stabhochsprung war das Niveau sehr hoch und das Starterfeld sehr vielfältig. Ich bin zum Beispiel noch nie gegen einen Athleten aus Japan angetreten. Ich habe mich im Finale am besten gefühlt, aber leider nicht das abgeliefert, was ich kann (erreichte Höhe: 5,10 m).

Chengdu hat ein Brett hingelegt. Das wird schwer zu toppen. Ich glaube aber, dass NRW die Spiele mindestens genauso professionell ausrichten kann. Hier ist die Universiade momentan einfach noch zu wenig bekannt. Ich habe ein wenig Sorge, das Event könnte untergehen. In Chengdu war selbst der Kioskbesitzer begeistert. Es wäre mir eine Riesenfreude nochmal teilzunehmen.“

Aiyu Zhu vom Turnzentrum Köln erreichte das Mehrkampfinale. Foto ©Arndt Falter

Aiyu Zhu (19), Geräteturnerin aus Köln

Aiyu studiert Psychologie an der Universität zu Köln.

„Ich blicke die ganze Zeit auf Chengdu zurück und vermisse diese Atmosphäre. Dass die World University Games so groß sind, hätte ich nicht gedacht. Ich war Fahnenträgerin des deutschen Teams bei der Eröffnungsfeier – eine riesengroße Ehre. Bei unseren Wettkämpfen waren anschließend 7.000 Menschen in der Arena – echt krass. Es gab Aushänge im Athletendorf mit den Wettkampterminen. Ich wollte von anderen Sportarten möglichst viel sehen, aber das passte mit Training und Wettkämpfen leider nicht zusammen.

Ich war anfangs supernervös. Man will natürlich alles gut hinbekommen für das Team. Die Konkurrenz bei den Frauen war etwas schwächer als normalerweise auf internationalem Niveau. Bei den Männern war das Teilnehmerfeld aber zum Beispiel sehr stark.

Ich hatte nicht die einfachste Vorbereitung. Bei den Deutschen Meisterschaft hatte ich mich leicht am Fuß verletzt und konnte nur reduziert trainieren. Ich flog eigentlich ohne Erwartungen nach Chengdu: einfach dabei sein und genießen. Dass ich dann ins Mehrkampffinal geturnt bin, war die größte Überraschung überhaupt. Für den finalen Sprung habe ich einfach die Zähne zusammengebissen. Der Fuß hat gehalten. Ich bin sehr zufrieden mit meiner Leistung und habe schon in China gesagt, dass ich mich auf das nächste Mal, wenn die WUG nach NRW kommen, richtig freue.“

Fahnenträgerin Aiyu Zhu. Foto: ©Arndt Falter
Lukas Küppers spielt beim ASC Duisburg. Foto: ©FISU

Lukas Küppers (25), Wasserballer aus Düsseldorf

Lukas studiert Fahrzeugtechnik an der TU Berlin und ist Werkstudent bei Mercedes Benz in Düsseldorf. Momentan schreibt er seine Masterarbeit.

„Wir waren unglaublich froh, dass wir die World University Games miterleben durften. Unser Verband hatte lange nicht dafür gemeldet. Für mich war Chengdu somit die erste und letzte Chance (Anmerk.: Altersgrenze für Teilnehmer liegt regulär bei 25 Jahren). Meine Vorfreude war megagroß.

Durch die Nationen- und Sportartenvielfalt im Universiade Village fühlte es sich an wie Olympische Spiele. Der Unterschied bestand lediglich darin, dass ich die großen Idole meiner Sportart dort nicht angetroffen habe. Der Support der Menschen in Chengdu war einzigartig, so viele waren bei unseren Spielen und bei den Zeremonien. Sportlich kam nur die Weltmeisterschaft in Budapest dem gleich.

Georgien und Deutschland sind fast mit der kompletten A-Nationalmannschaft angetreten, da parallel die WM in Fukuoka stattfand, wofür wir uns nicht qualifizieren konnten. Unsere Anspannung war deshalb anders. Unsere Mannschaft hatte größere Erwartungen. Wir wollten um die Medaillen mitspielen und haben auch schnell gute Ergebnisse erzielt. Im Viertelfinale kassierten wir dann eine der bittersten Niederlagen meiner Karriere. Das hat richtig wehgetan, weil wir gefühlt das bessere Team waren. Die Georgier hatten bei diesem Spiel ihren Leistungshöhepunkt, wir, trotz zwischenzeitlicher Führung, leider nicht ganz. Es ist einfach Sport.

Als älterer Hase habe ich den Austausch mit jüngeren Athleten genossen. Gerade wenn man über die berufliche Karriere neben dem Sport spricht, sind die Zielsetzungen andere. Bei vielen liegt der Fokus nahezu ausschließlich auf dem Sport. Mir war das Vorantreiben der Uni nebenbei immer extrem wichtig. Dadurch habe ich sicherlich einige Prozente im sportlichen Bereich eingebüßt, bin aber trotzdem zufrieden wie alles gekommen ist.“ 

Malik Bourakkadi vom TV Refrath mit Mixedpartnerin Leona Michalski. Foto ©Arndt Falter

Malik Bourakkadi (20), Badmintonspieler aus Mülheim an der Ruhr.

Malik studiert Sportwissenschaften an der Uni des Saarlandes.

Das Event war so riesig. Ich war zwei Wochen dauerbeschäftigt. Ich bin, glaube ich, bei allen Busfahrten eingepennt – so erschöpft war ich von den vielen Eindrücken. Ich feiere die asiatische Kultur. Auf dem Weg zur Eröffnungszeremonie haben uns so viele Menschen am Straßenrand zugewunken und haben mit ihren Handys gefilmt. Alle Volunteers waren sehr freundlich, manchmal wirkte es aber ein bisschen überzogen und weniger authentisch.

Sportlich wussten wir nicht, was uns erwartet, mit welchen Athleten die asiatischen Top-Teams antreten würden. Wir gewannen dann unser Gruppenspiel gegen Singapur – das ist normalerweise viel anspruchsvoller. Von meiner Leistung im Mixed bin ich teilweise ein bisschen enttäuscht. Wir haben viel liegengelassen, vor allem gegen Hongkong – sehr ärgerlich! Die Halle war voll und die Fans sind für ihre Mannschaft ausgerastet. Die Klimaanlage erzeugte permanent Wind auf dem Feld. Es waren schwierige und ungewohnte Bedingungen für uns. Ich habe mir vorher gesagt, ich möchte die Atmosphäre und die Fans spüren – auch wenn sie gegen mich sind. Die Stimmung hat mich eher gepusht. Eine gute Erfahrung.

2025 will ich auf jeden Fall dabei sein – dann findet Badminton wahrscheinlich in meiner Heimatstadt Mülheim statt, mit meiner Familie, meinen Freunden und Fans im Rücken. “   

Die World University Games fanden vom 28. Juli bis 8. August 2023 statt. Studentische Spitzensportler*innen im Alter von 18 bis 27 Jahren – bedingt durch die Verschiebung des Events wurde die Altersgrenze um zwei Jahre erweitert – aus rund 150 Ländern nahmen teil. Insgesamt reisten etwa 10.000 Sportler*innen und Offizielle nach Chengdu. Die Deutsche Studierenden-Nationalmannschaft war in den 14 Sportarten Badminton, Bogenschießen, Fechten, Gerätturnen, Judo, Leichtathletik, Rudern, Sportschießen, Schwimmen, Taekwondo, Tischtennis, Volleyball, Wasserball und Wasserspringen vertreten. Mit 160 Aktiven und 76 Offiziellen entsandte Deutschland die historisch größte Delegation zu den FISU Games.

2025 ist die Region Rhein-Ruhr Ausrichter des nach den Olympischen und Paralympischen Spielen größten Multisportevents der Welt. Die Wettkämpfe werden dann in Mülheim/Ruhr, Bochum, Düsseldorf, Duisburg und Essen stattfinden.

Categories: News Schlagwörter: , , , , | Comments 12492 Unabhängige Anlaufstelle Safe Sport eröffnet

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat die unabhängige Ansprechstelle für Betroffene sexualisierter, psychischer und physischer Gewalt im Sport des Safe Sport e.V. eröffnet. Die Ansprechstelle bietet Betroffenen aus dem Breiten- und Leistungssport auf verschiedenen Wegen psychologische und/oder juristische Erstberatung an. Das Beratungsangebot richtet sich an Kinder, Jugendliche und Erwachsene.

Kontakt zur Ansprechstelle:

Nach einer Terminvereinbarung kann eine Beratung vor Ort (Berlin) oder per Videokonferenz in Anspruch genommen werden. Die Anlaufstelle ist telefonisch unter 0800 11 222 00 oder via E-Mail unter beratung@ansprechstelle-safe-sport.de erreichbar.

www.ansprechstelle-safe-sport.de

Die Ansprechstelle wird durch den Verein Safe Sport e.V. getragen (gegr. November 2022). Gründungsmitglieder des Trägervereins sind der Bund, die 16 Länder, Athleten Deutschland e.V., eine Vertreterin aus dem Betroffenenrat bei der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs sowie ein Vertreter aus der Wissenschaft.

Perspektivisch steht der Aufbau des unabhängigen Zentrums für Safe Sport an, das weitreichendere Aufgaben in den Bereichen Prävention, Intervention und Aufarbeitung abdecken soll. Der Aufbau eines Zentrums für Safe Sport ist im Koalitionsvertrag der Bundesregierung verankert.

Angebot von „Anlauf gegen Gewalt“ besteht weiterhin

Athleten Deutschland e.V. hatte bereits im Mai 2022 die unabhängige Anlauf- und Beratungsstelle Anlauf gegen Gewalt für Kaderathlet*innen in Betrieb genommen, um auf die unmittelbaren Handlungsbedarfe zu reagieren. Anlauf gegen Gewalt bietet rechtliche und psychotherapeutische Erstberatung sowie eine längerfristige Fallbegleitung an. Im ersten Jahr wurden über 150 Anfragen ratsuchender Personen verzeichnet. Die Anlaufstelle steht weiterhin allen betroffenen Kaderathlet*innen zur Verfügung.

Categories: News Schlagwörter: , | Comments 12302 Gemütliches Sommer-Warm-up

Der Sommer hat vorgelegt und die Kostprobe macht Appetit auf mehr. Bei hochsommerlichen Temperaturen hatte die Sportstiftung NRW zum jährlichen Sommerfest nach Neuss geladen. In den weitläufigen Auen der Erft, auf dem Gelände des historischen Guts Gnadental, empfing das Stiftungsteam über 100 Gäste aus dem Sportland NRW. Der Olympiateilnehmer traf auf das Nachwuchstalent, die Alumni-Athletin auf den Stipendienförderer. Ein gemütliches Warm-up für den Sportsommer 2023.

Die Gäste brachten viel Gesprächsstoff mit: Die Eindrücke vom „Trainingslager fürs Leben“ waren noch frisch und die begeisterten Teilnehmer des Coachingprogramms der Sportstiftung teilten gerne und schwärmerisch. Ein Dauerbrennerthema bei Nachwuchsathleten war das aktuell laufende, neue Bewerbungsverfahren für die Talentförderung. Sie konnten sich von den Mitarbeitern der Sportstiftung Tipps aus erster Hand holen. Zudem konnten bei Leckereien vom Grill, Eiscreme und erfrischenden Getränken Gesprächsfäden mit Förderpartnern aufgenommen oder neu geknüpft werden.

Der Vorstandvorsitzende Dr. Wolf nutzte die Gelegenheit, um das Engagement der 25 Förderpartner des im Herbst eingeführten NRW-Sportstiftungs-Stipendium hervorzuheben, darunter auch die Volker Staufert Stiftung. Ihr Beitrag zur Förderung herausragender Leistungen in Sport und Studium summiert sich auf fast 100.000 Euro. Stellvertretend für alle Unterstützer erfuhren Wolfgang Schwade (GVV Kommunalversicherung) und Ulrich Wimmer (Braseler der Düsseldorf Jonges) eine Würdigung in Form einer Urkunde.

Unter den Gästen waren Olympioniken wie Miryam Roper Yearwood (Judo), Karsten Dilla (Stabhochsprung), Sarah Voss (Turnen) und Katharina Müller (Eiskunstlauf) sowie junge Spitzenathleten, die wenigstens auf NRW-Ebene bereits auf sich aufmerksam gemacht haben, zum Beispiel Alvar Adler (Zehnkampf), Kim Vaske (Para Leichtathletik) und Elisa Koppelmann (Sportklettern). Das Sommerfest der Sportstiftung NRW fand zum vierten Mal auf der Hofanlage Gut Gnadental der Unternehmerfamilie Zülow statt.

Categories: News Schlagwörter: , , | Comments 9691 Mehr Unterstützung für Jugendliche im Spitzensport

Ein Forschungsteam der Deutschen Sporthochschule Köln hat Ergebnisse aus einer repräsenativen Umfrage unter NRW-Kaderathlet*innen vorgelegt: Jede*r siebte Kaderathlet*in hat demnach ein auffällig niedriges Wohlbefinden oder trägt ein Depressionsrisiko. Die Probleme treten insbesondere bei Jugendlichen zwischen 16 und 17 Jahren auf. Mädchen bzw. Frauen sind deutlich stärker betroffen als Jungen bzw. Männer.

Das Forschungsprojekt „NRW-Athlet:innen for future“ untersucht die Lebenswelt und die Eigenschaften junger Leistungssportler*innen in NRW. Die Teilnehmer beantworteten unter anderem Fragen zu ihrer persönlichen und
sportlichen Situation, zu Zukunftsplänen, Wohlbefinden und Unterstützungsangeboten im Sport.

Die Sportstiftung NRW hat das Projekt der Abteilung Gesundheit & Sozialpsychologie des Psychologischen Instituts begleitet. Ziel ist es, dass Untersützungsangebote für Athlet*innen optimiert oder neu geschaffen werden. Es soll ihnen gut gehen und sie sollen sich unterstützt fühlen, damit sie sich durch und im Sport positiv entwickeln können.

Wichtige Ergebnisse:

  • Die psychische Gesundheit ist nicht selten in Gefahr – Jede:r siebte Kaderathlet*in fühlt sich auffällig unwohl. Große Sorgen sind aber selten. Insbesondere Athletinnen und 16-17-Jährige benötigen Unterstützung und Beratung.
  • Die beliebtesten Berufswünsche sind Lehrer*in, Polizist*in und Arzt/Ärztin. Nach dem Ende der Karriere als Athlet*in haben viele die Ziele „Familie“ und „Reisen“.
  • Die Mehrheit der NRW-Kaderathlet*innen weist eine moderate bis hohe Stressresistenz und ein moderates bis hohes Selbstmitgefühl auf. Athletinnen weisen eine geringere Stressresistenz auf als Athleten.
  • Bestehende Angebote im Sport (z.B. Leistungsdiagnostik oder Sportpsychologische Betreuung) werden gut bewertet, aber nicht immer gut genutzt. Die Unterstützung im Sport wird besser wahrgenommen als die Unterstützung im Alltag. Eltern, Trainer*innen und das Team helfen am meisten.
  • Fast jede:r zweite Athlet*in wünscht sich Unterstützung in der Vereinbarkeit von Sport und Schule/Ausbildung/Beruf.

Die Befragung richtete sich an Kaderathlet*innen ab 14 Jahren aus olympischen, paralympischen, deaflympischen und World-Games-Sportarten aus NRW. Teilgenommen haben 481 Athlet*innen – die meisten sind zwischen 14 und 17 Jahre alt. Knapp die Hälfte ist im Landeskader, etwa 30 % in einem Bundeskader.

Categories: News | Comments 11899 Bundesverdienstkreuz für Max Hartung

Max Hartung hat das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland bekommen. Bei der Verleihung im Bundesinnenministerium in Berlin wurde sein „besonderes ehrenamtliches und sportpolitisches Engagement“ hervorgehoben.

Staatssekretärin Juliane Seifert nahm die Verleihung stellvertretend für Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundesinnenministerin Nancy Faeser vor. Max Hartung wurde im September 2021 Geschäftsführer der Sportstiftung NRW, nachdem er seine Karriere als Säbelfechter nach seinen dritten Olympischen Spielen im Sommer beendet hatte. Hartung ist Gründungspräsident des Vereins Athleten Deutschland e. V., den er 2018 mit Gleichgesinnten ins Leben rief. Von 2017 bis 2021 war er Vorsitzender der Athletenkommission des Deutschen Olympischen Sportbundes.

In der Ordensbegründung heißt es:

Unter Max Hartungs Führung entwickelte sich der Verein (Athleten Deutschland; Anmerk. d. Red.) zu einer anerkannten und geschätzten Stimme in der sportpolitischen Debatte. Athleten Deutschland hat beispielsweise erwirkt, dass die neue Bundesregierung die Schaffung eines unabhängigen Zentrums für Safe Sport zur wirkungsvolleren Bekämpfung von Gewalt und Missbrauch im Koalitionsvertrag verankerte.

(…) Als Athletenvertreter, Vorsitzender der Athletenkommission des DOSB und Präsident von Athleten Deutschland hat Max Hartung maßgeblich zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Athletinnen und Athletinnen beigetragen. Aufgrund seines großen und weit über Deutschland hinaus bewunderten Engagements, hat Herr Hartung den Athletinnen und Athleten eine Stimme gegeben. Ihre Anliegen wurden in der Vergangenheit allzu häufig nicht hinreichend beachtet. Insofern ist maßgeblich durch sein Engagement mit der Gründung von Athleten Deutschland auch der Machtmissbrauch im Sport spürbar enttabuisiert worden. Nur auf diesem Wege kann man ihm begegnen und zukünftig verhindern.“

Foto: BMI/Henning Schacht

Max Hartung wurde als Säbelfechter zweimaliger Einzel- und Mannschaftseuropameister, Weltmeister mit der Mannschaft (2014) und jeweils WM-Dritter im Einzel und mit der Mannschaft (2015). Er nahm an den Olympischen Spielen 2012 in London, 2016 in Rio de Janeiro und 2021 in Tokyo teil.

Mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland werden seit mehr als siebzig Jahren Frauen und Männer für ihre besonderen Verdienste um das Gemeinwohl geehrt. Am 7. September 1951 stiftete Bundespräsident Theodor Heuss den Verdienstorden, um sichtbar Anerkennung und Dank des Staates zum Ausdruck zu bringen. Der Verdienstorden wird in acht verschiedenen Stufen verliehen.

Categories: News Schlagwörter: , , , , | Comments 11345 „Mein Abitur mache ich einfach später“

Im Mai vor einem Jahr waren die Leichtathletin Delia Gaede und die Badmintonspielerin Finja Rosendahl bei den Deaflympics 2022 in Brasilien. Hier berichten die Gehörlosensportlerinnen von Highlights und Mankos.

Bleibt zu Hause und trainiert weiter. Kein Satz, den Sportler kurz vor großen Wettkämpfen lesen möchten. Ursprünglich für Dezember 2021 geplant, wurden die Weltspiele der Gehörlosen um Monate verschoben – wie so ziemlich alles während der Corona-Pandemie. Es blieb ihnen nichts weiter übrig, als dem knapp formulierten Rat auf der offiziellen Instagram-Seite der Deaflympics zu folgen.

Steiniger Weg nach Caxias do Sul

Nach langem Warten traten Leichtathletin Delia Gaede und Badmintonspielerin Finja Rosendahl im Mai endlich für Deutschland bei den 24. Deaflympics im brasilianischen Caxias do Sul an. Ihr Weg dahin? Alles andere als einfach. Das Covid-19-Virus bringt 2020 den Wettkampfbetrieb zunächst zum Erliegen. Alles ist ungewiss. 2021 ein Hoffnungsschimmer: In der Leichtathletik werden Wettkämpfe für Kaderathleten wieder erlaubt. Sprinterin Delia Gaede schafft so die Normzeit über 200 Meter für die Weltmeisterschaft in Polen. Die WM-Teilnahme ist die ausschlaggebende Empfehlung für die Deaflympics. Die 23-jährige Kölnerin löst ihr Ticket für Brasilien.

Die Freiluftsaison der Leichtathleten beginnt normalerweise erst im Mai. Die Verschiebung der Deaflympics forderte Delia heraus. Schon zu Beginn der Saison muss sie auf dem Leistungshöhepunkt stehen. Wettkämpfe zur Vorbereitung – Fehlanzeige. „Zum Glück konnte ich trotz Corona allein trainieren“, sagt sie. Kaderathleten standen die Trainingsstätten offen.

Finja Rosendahl (Foto: Steffen Hohenberg)

Schläger statt Stift

Für Badmintonspielerin Finja Rosendahl brachte der veränderte Zeitplan eine große Entscheidung mit sich. Im Mai beginnt in NRW der Endspurt für alle Abiturienten. „Die Abiturklausuren und sogar die Nachschreibetermine sollten zeitgleich mit den Deaflympics stattfinden“, erzählt Finja. „Für mich war klar, dass ich an den Deaflympics teilnehme.“ Sie schreibt noch die Vorabi-Klausuren und tauscht dann Stift gegen Schläger. „Mein Abitur mache ich einfach ein Jahr später“, beschließt sie. Dadurch kann sie zweimal täglich trainieren.

Ihr Stützpunkt in Mülheim an der Ruhr ist nah und während der Pandemie für sie zugänglich. Wettkampfpraxis bekommt Finja im Verein, sie spielt in der Oberliga der hörenden Spieler. Das letzte große Turnier im Gehörlosensport liegt hingegen Jahre lange zurück. 2019 wird Finja Vize-Juniorenweltmeisterin.

„Am schönsten war das Athletendorf.“
Delia Gaede und Finja Rosendahl

Hohe Erwartungen

Als das Flugzeug nach Brasilien abhebt, sind beide NRW-Athletinnen hoffnungsfroh. „Ich hatte an mich, aber auch an die Veranstalter höhere Erwartungen“, erinnert sich Delia. „Mit sechs Monaten zusätzlicher Planungszeit hatte ich gehofft, dass die Dinge, die vielleicht sonst auf den letzten Metern liegen geblieben wären, besser organisiert werden.“

Finjas Hotel liegt ein Stück außerhalb von Caxias do Sul: „Es war sehr schön, aber ich war auch froh, nach 24 Stunden Anreise endlich angekommen zu sein“, erzählt sie. Für den Wettkampf gilt es Kraft zu tanken. „Egal gegen wen ich spielen muss, ich möchte viele Erfahrungen sammeln und ein Land bereisen, von dem ich noch gar keine Vorstellungen habe.“ Lachend fügt sie hinzu: „Ein bisschen Glück mit der Auslosung braucht man. Die Asiaten spielen sehr, sehr stark.“

Das Klima ist gewöhnungsbedürftig. Im Mai ist Brasilien vor allem eines: feucht. „Sogar die Betten haben sich in der ersten Nacht feucht angefühlt“, sagt Finja. Auch in der neuen Badmintonhalle herrscht getrübte Stimmung. Durch den anhaltenden Regen hat sie sich stark abgekühlt. Die Sportler in ihren kurzen Sommeroutfits müssen sich ordentlich warmspielen.

Kein olympischer Standard

Die Leichtathleten hadern mit ihrer Wettkampfstätte. In Erinnerung war das neue Stadion der vergangenen Deaflympics in der Türkei. Dagegen stellt das brasilianische Stadion eine herbe Enttäuschung dar. „Es sah aus wie ein altes Schulstadion“, kritisiert Delia. „Es entsprach nicht den olympischen Standards. Viele Kleinigkeiten, die eigentlich selbstverständlich sind, gab es nicht.“ Beispielsweise lag die Tribüne gegenüber der Zielgeraden. „Normalerweise motivieren mich die Zuschauer auf den letzten Metern, noch einmal alle Kraft einzusetzen. Das hat mir gefehlt.“ Im Ziel fehlen Tafeln, um den Wettkämpfern die gelaufenen Zeiten anzuzeigen. Delia wartet bis zu drei Stunden auf ihre Ergebnisse. Auch das Training ist herausfordernd. Nur das Wettkampfstadion verfügt über eine Tartanbahn.

Delia Gaede (l.)

Wertvolle Erinnerungen

Besondere Erinnerung haben Finja und Delia an das Athletendorf. „Noch nie zuvor war ich an einem Ort mit so vielen Sportlern aus so vielen verschiedenen Ländern“, schwärmt Finja. Im Deutschen Sport & Olympiamuseum Köln kommt es zum Wiedersehen mit allen Deaflympics-Teilnehmer aus NordrheinWestfalen. Die Sportstiftung NRW hat zur Feierstunde eingeladen. Erstmalig werden gehörlose Athletinnen und Athleten für ihre Leistungen mit einer Teilnahmeprämie gewürdigt

Categories: News Schlagwörter: | Comments 11717 Gutachter: „Authentisch sein ist wichtig“

Carolin Nischwitz und Bruno Klein als Gutachter berufen – Vorstand der Sportstiftung hat den Ausschuss erweitert.

Im Rahmen der Agenda 2030 hat die Sportstiftung NRW das Auswahlverfahren für die Individualförderung grundlegend überarbeitet. Dazu gehört auch eine Erweiterung und veränderte Arbeitsweise des Gutachterausschusses. Der Vorstand hat deshalb zum 01.01.2023 zwei neue Gutachter berufen: die ehemalige
Wasserball-Nationalspielerin und Wirtschaftspsychologin Carolin Nischwitz und den Sportökonomen Bruno Klein. Sie prüfen und bewerten in den kommenden zwei Jahren die Bewerbungen für die Talent-Förderung und die Internatsplatz-Förderung. Der Guachterausschuss setzt sich aus fünf Mitlgiedern zusammen.

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Frau Nischwitz, Herr Klein, worauf achten Sie bei einer Bewerbung grundsätzlich?

Carolin Nischwitz: Jede Bewerbung ist nur eine Momentaufnahme. Mich interessiert vor allem, welche Erfahrungen jemand bereits gesammelt hat. Wie ist sie oder er zum Beispiel mit einer schwierigen Situation umgegangen? Welche Erkenntnisse sind gereift, die man in der Zukunft anwenden kann?

Bruno Klein: Authentizität ist mir wichtig. Ich möchte herausfinden, ob jemand etwas vorspielt, ob er sich lediglich gut verkaufen kann oder klare innere Werte vertritt und sich dazu positioniert. Jemand mit Ecken und Kanten, der vielleicht nicht optimal ins Anforderungsprofil passt, aber ein klares Bild von sich abgibt, ist mir lieber. Es ist dann wichtig, solchen Menschen Möglichkeiten zu eröffnen, sich zu entwickeln.

Worauf legen Sie als Gutachter der Sportstiftung NRW insbesondere wert?

Klein: Das 6-Kompetenzen-Modell beschreibt gut, worauf es ankommt. Die sportliche, idealerweise kontinuierliche, Leistungsfähigkeit können wir nicht ausklammern. Ist der Körper zum Beispiel verletzungsanfällig, ist das ein hartes Kriterium, das wir im Leistungssport jedoch nicht außer Acht lassen können. In dem Bewerbungsvideo möchte ich Begeisterung sehen für das, was man macht.

Nischwitz: Liebt die Athletin ihren Sport? Vertritt sie gerne ihren Verein? Die intrinsische Motivation, wofür und weshalb man sich um Förderung bewirbt, soll erkennbar sein.

Klein: Der Fragenbogen hilft, die persönlichen Neigungen und Werte der Bewerber sichtbar zu machen.

Nischwitz: Man muss dabei relativieren. Die Sportstiftung NRW ist ein Nachwuchsförderer. Die Athletinnen und Athleten stehen am Anfang ihrer Karriere. Mit 16, 17 Jahren hat man sich vielleicht gerade erst selbst gefunden. Junge Sportler haben weniger Erfahrung darin, auszudrücken, wer sie sind. Trotzdem ist es wichtig, dass sie es versuchen. Auch introvertierte Menschen können zeigen, dass sie begeisterungsfähig sind und hinter dem stehen, was sie machen – auf ihre Art und Weise.

„Wir suchen auch diejenigen,
die sich für ihren
Sport engagieren.“
Bruno Klein, Gutachter

Was vermittelt das neue Auswahlverfahren den Athlet*innen Ihrer Meinung nach?

Nischwitz: Es betrachtet den Sportler auch als Menschen. Es kann Vorbilder für jüngere, angehende Athletinnen und Athleten hervorbringen. Durch die sozialen Medien gibt es ein riesiges Potenzial gesehen zu werden. Ich fand es mutig, wie die Turnerin Simone Biles während der Olympischen Spiele mit ihrer Depression umgegangen ist und wie sie die sozialen Medien als Sprachrohr genutzt hat. Das hatte Vorbildcharakter zu sagen: Das hier ist das größte Sportevent der Welt, aber ich gehe jetzt, weil ich mich nicht gut fühle. Das macht anderen Sportlerinnen und Sportlern Mut, zu ihren Problemen zu stehen, sie zu äußern und sich so Unterstützung zu holen – das betrifft mentale Probleme, psychische Gewalt, Belästigungen oder das Outing zu seiner Homosexualität. Dahin sollten wir Schritt für Schritt kommen.

Klein: Wir suchen nicht nur diejenigen, die Topleistungen bringen, sondern auch die, die sich für den Sport engagieren. Die mithelfen, dem Sport einen hohen Status in der Gesellschaft zu verleihen. Das TV-Format „Ninja Warrior“ ist aus meiner Sicht ein gutes Beispiel, wie Persönlichkeiten ihren Sport interessanter machen und dafür sorgen, dass der Sport vorangetrieben wird. Dafür müssen wir mehr tun. Es braucht Strahlkraft, dass in NRW Talente gefördert werden, die Vorbildcharakter haben und ihren Sport weiterentwickeln. Ich finde das Auswahlverfahren definitiv einen guten Ansatz und sehe einen Teil unserer Aufgabe darin, es weiterzuentwickeln.

Nischwitz: Als ehemalige Leistungssportlerin ist es mir wichtig zu zeigen, dass Schule, Ausbildung oder Studium mit dem Sport vereinbar sind. Es gibt immer diejenigen, denen es gelingt. Wenn wir diese Athletinnen und Athleten sichtbar machen, zeigen wir anderen, wie sie es schaffen und welche Hilfen sie dabei – zum Beispiel von der Sportstiftung – bekommen können. Das finde ich gut.

Carolin Nischwitz

( Jg. 1986, aus Essen) ist Wirtschaftspsychologin (M.Sc) und zertifizierte Onlinecoach mit dem Schwerpunkt Persönlichkeitsentwicklung. Mit dem SV Blau-Weiß Bochum wurde sie zwischen 2003 und 2011 neunmal Deutsche Meisterin im Wasserball und nahm an Europa- und Weltmeisterschaften teil. Parallel schloss sie eine Ausbildung zur Medienkauffrau (IHK) ab. Seit 2014 leitet Nischwitz Wettkämpfe als Schiedsrichterin und stieg 2020 zum nationalen Top-20-Referee auf.

Bruno Klein

( Jg. 1962, aus Niederkassel) hat 30 Jahre im Bereich Personal-, Führungskräfte und Organisationsentwicklung gearbeitet und war in leitender Position u. a. beim 1. FC Köln, Stabilus, Carl Zeiss und der Unternehmensberatung LWP tätig. Klein ist Gründer und geschäftsführender Gesellschafter eines Unternehmens, das u. a. Leadership-Excellence-Programme umsetzt sowie Firmenevents und Reisen organisiert. Der Diplom-Sportlehrer (DSHS Köln) war ehrenamtlich Lehrwart beim westdeutschen Skiverband sowie als Trainer im Volleyball aktiv.

Categories: News Schlagwörter: | Comments 11718 Kompetenzen-Modell vorgestellt

Die Sportstiftung NRW hat das Bewerbungsverfahren für ihre Individualförderung grundlegend verändert. Leistungssportliche Talente können sich jetzt eigeninitiativ für die drei Module Talentförderung, NRW-Sportstiftungs-Stipendium und Internatsplatz-Förderung bewerben. Für den Auswahlprozess wurde ein 6-Kompetenzen-Modell entwickelt, mit dessen Hilfe mündige Talente identifiziert werden sollen. Die Neuerungen wurde im Rahmen der 26. Kuratoriumssitzung am 25. April 2023 in den Räumen der ARAG Allgemeine Versicherungs-AG in Düsseldorf vorgestellt. 

Grundlage der Veränderungen ist das vor Jahresfrist veröffentlichte und zum 1. Januar 2023 in Kraft getretene neue Förderkonzept.  

Andrea Milz, stellvertretende Kuratoriumsvorsitzende und Staatssekretärin für Sport und Ehrenamt: „Die Sportstiftung NRW unterstützt ausgewählte Talente auf ihrem Weg im Leistungssport und in der Ausbildung und schafft damit ein solides Fundament für eine erfolgreiche sportliche und nachsportliche Karriere. Die Förderangebote unterstützen sie dabei, Vorbilder im und durch den Leistungssport zu werden.“

Dr. Ingo Wolf, Vorstandsvorsitzender: „Der Sport braucht starke Botschafterinnen und Botschafter sowie nahbare Vorbilder. Sie zu identifizieren, ist unsere Aufgabe. Durch ein neuartiges Auswahlverfahren geben wir den Athletinnen und Athleten die Möglichkeit, sich selbstbestimmt für eine Förderung zu empfehlen. Mit unseren Reformen in der Athletenförderung möchten wir einen Beitrag zur Weiterentwicklung des Spitzensports in NRW leisten.“

Auswahlverfahren identifiziert sechs Kernkompetenzen

Das neue Auswahlverfahren wird für die Talent-Förderung (250 Euro/Monat) eingesetzt. Es beinhaltet ein Motivationsschreiben, ein Bewerbungsvideo und einen digitalen Persönlichkeitsfragebogen. Dem Fragenbogen liegt ein Modell zugrunde, das sechs Eigenschaften und Kompetenzen beschreibt, die mündige Athletinnen und Athleten auszeichnen: Intrinsische Motivation, Respekt, Emotionale Kompetenz, Team- und Kritikfähigkeit, Authentizität und Engagement.

Den Bewerberinnen und Bewerbern werden Fragen zu den einzelnen Kompetenzfeldern gestellt. Die Ergebnisse ihrer Selbsteinschätzung dienen dem Gutachterausschuss und dem Vorstand der Sportstiftung dazu, deren Stärken und Entwicklungsmöglichkeiten zu erkennen. Das 6-Kompetenzen-Modell wurde in Zusammenarbeit mit dem Kölner Institut für Managementberatung (KIM) und mit Unterstützung der studentischen Unternehmensberatung „Campus for Company“ entwickelt. Es basiert auf den Einschätzungen befragter Spitzenathletinnen und -athleten zu den entscheidenden persönlichen Voraussetzungen für Spitzenleistungen. Gastreferent Momme Jürgensen (KIM) erläuterte das Modell im Rahmen der Kuratoriumsssitzung.

Talente, die sowohl hervorragende Leistungen im Sport als auch in ihrer akademischen oder beruflichen Ausbildung erbringen, können sich zusätzlich auf das NRW-Sportstiftungs-Stipendium (300 Euro/Monat) bewerben. Das gilt auch für Studienanfänger. Die ersten 90 Stipendiatinnen und Stipendiaten wurden bereits bei einer Feierstunde im Januar ausgezeichnet. Das Stipendium wird künftig nur in Verbindung mit der Talent-Förderung vergeben.

Der dritte Baustein der Individualförderung ist die Internatsplatz-Förderung. Bewohnerinnen und Bewohner der NRW-Sportinternate können diese Unterstützung beantragen, um die eigenen Kosten für ihren Internatsplatz zu reduzieren. Ziel ist es, dass sie bzw. ihre Eltern maximal 300 Euro/Monat selbst aufbringen müssen.

Alle Förderangebote sind für Angehörige der olympischen, paralympischen, deaflympischen und World-Games-Nachwuchskader zugänglich. Voraussetzung ist, dass sie einen engen Bezug zum Sportland NRW haben, das heißt, den Trainings- und/oder Lebensmittelpunkt in Nordrhein-Westfalen oder das Startrecht für einen NRW-Verein haben.

Neue Mitglieder im Kuratorium

Die Sportstfitung NRW begrüßte im Rahmen der Sitzung sechs neue Kuratoriumsmitglieder. Nicolas Limbach, Olaf Tabor, Tülay Durdu MdL, Dr. Urban Mauer, Hedwig Tarner MdL und Karl Valks wurden von der NRW-Landesregierung für fünf Jahre in das Gremium berufen.

„Mit unseren Reformen möchten wir einen Beitrag zur Weiterentwicklung des Spitzensports in NRW leisten“
Dr. Ingo Wolf, Vorstandsvorsitzender
Staatssekretärin Andrea Milz
Dr. Ingo Wolf
Impressionen

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