Spitzenathlet*innen aus NRW berichten von den FISU World University Games 2023 in China.
Aiyu führte das deutsche Team als Fahnenträger zur Eröffnungsfeier und überraschte sich im Turnmehrkampf selbst. Malik feierte die asiatische Kultur und die asiatische „Wundertüte“ beim Badminton. „Oldie“ Lukas war trotz einer bitteren Niederlage mit der Wasserballmannschaft am Ende unglaublich froh. Leichtathlet Luke schwebte schlichtweg „im Himmel für Sportler“. Hier schildern sie ihre Erlebnisse:
Luke Zenker (20), Stabhochspringer aus Leverkusen
Luke studiert Architektur an der TH Köln.
„Ich habe einen jungen Chinesen gefragt, warum er sich als Volunteer bei den University World Games gemeldet hat. Er sagte, es sei die Woche seines Lebens. Mein Vereinskollege Torben Blech hat von seiner Teilnahme (Neapel 2019) geschwärmt, als wäre es der Himmel für Sportler – und das war es für mich jetzt auch! Ich wollte gar nicht mehr zurück. So stelle ich mir der Olympischen Spiele vor. Alle Nationen waren im Umkreis von 500 Metern untergebracht. Von vorne bis hinten war alles organisiert. Man musste sich um nichts Sorgen machen. Sogar meine Stäbe wurden vom Flieger direkt zur Wettkampfstätte geliefert. Ich fand schön, dass es auch darum ging, das alles zu genießen. Ein richtig schöner Vibe.
Es waren unfassbar viele Zuschauer im Stadion bei meinem Stabhochsprung-Finale – 40.000 wurde mir gesagt. Ich kriege jetzt schon wieder Gänsehaut. Dafür mache ich diesen Sport. Das motiviert mich total, irgendwann auch Olympische Spiele zu erreichen. Ich übe schon länger, während des Wettkampfs mal ins Publikum zu schauen und die Stimmung zu genießen. Das hat in Chengdu sehr gut geklappt.
Im Stabhochsprung war das Niveau sehr hoch und das Starterfeld sehr vielfältig. Ich bin zum Beispiel noch nie gegen einen Athleten aus Japan angetreten. Ich habe mich im Finale am besten gefühlt, aber leider nicht das abgeliefert, was ich kann (erreichte Höhe: 5,10 m).
Chengdu hat ein Brett hingelegt. Das wird schwer zu toppen. Ich glaube aber, dass NRW die Spiele mindestens genauso professionell ausrichten kann. Hier ist die Universiade momentan einfach noch zu wenig bekannt. Ich habe ein wenig Sorge, das Event könnte untergehen. In Chengdu war selbst der Kioskbesitzer begeistert. Es wäre mir eine Riesenfreude nochmal teilzunehmen.“
Aiyu Zhu (19), Geräteturnerin aus Köln
Aiyu studiert Psychologie an der Universität zu Köln.
„Ich blicke die ganze Zeit auf Chengdu zurück und vermisse diese Atmosphäre. Dass die World University Games so groß sind, hätte ich nicht gedacht. Ich war Fahnenträgerin des deutschen Teams bei der Eröffnungsfeier – eine riesengroße Ehre. Bei unseren Wettkämpfen waren anschließend 7.000 Menschen in der Arena – echt krass. Es gab Aushänge im Athletendorf mit den Wettkampterminen. Ich wollte von anderen Sportarten möglichst viel sehen, aber das passte mit Training und Wettkämpfen leider nicht zusammen.
Ich war anfangs supernervös. Man will natürlich alles gut hinbekommen für das Team. Die Konkurrenz bei den Frauen war etwas schwächer als normalerweise auf internationalem Niveau. Bei den Männern war das Teilnehmerfeld aber zum Beispiel sehr stark.
Ich hatte nicht die einfachste Vorbereitung. Bei den Deutschen Meisterschaft hatte ich mich leicht am Fuß verletzt und konnte nur reduziert trainieren. Ich flog eigentlich ohne Erwartungen nach Chengdu: einfach dabei sein und genießen. Dass ich dann ins Mehrkampffinal geturnt bin, war die größte Überraschung überhaupt. Für den finalen Sprung habe ich einfach die Zähne zusammengebissen. Der Fuß hat gehalten. Ich bin sehr zufrieden mit meiner Leistung und habe schon in China gesagt, dass ich mich auf das nächste Mal, wenn die WUG nach NRW kommen, richtig freue.“
Lukas Küppers (25), Wasserballer aus Düsseldorf
Lukas studiert Fahrzeugtechnik an der TU Berlin und ist Werkstudent bei Mercedes Benz in Düsseldorf. Momentan schreibt er seine Masterarbeit.
„Wir waren unglaublich froh, dass wir die World University Games miterleben durften. Unser Verband hatte lange nicht dafür gemeldet. Für mich war Chengdu somit die erste und letzte Chance (Anmerk.: Altersgrenze für Teilnehmer liegt regulär bei 25 Jahren). Meine Vorfreude war megagroß.
Durch die Nationen- und Sportartenvielfalt im Universiade Village fühlte es sich an wie Olympische Spiele. Der Unterschied bestand lediglich darin, dass ich die großen Idole meiner Sportart dort nicht angetroffen habe. Der Support der Menschen in Chengdu war einzigartig, so viele waren bei unseren Spielen und bei den Zeremonien. Sportlich kam nur die Weltmeisterschaft in Budapest dem gleich.
Georgien und Deutschland sind fast mit der kompletten A-Nationalmannschaft angetreten, da parallel die WM in Fukuoka stattfand, wofür wir uns nicht qualifizieren konnten. Unsere Anspannung war deshalb anders. Unsere Mannschaft hatte größere Erwartungen. Wir wollten um die Medaillen mitspielen und haben auch schnell gute Ergebnisse erzielt. Im Viertelfinale kassierten wir dann eine der bittersten Niederlagen meiner Karriere. Das hat richtig wehgetan, weil wir gefühlt das bessere Team waren. Die Georgier hatten bei diesem Spiel ihren Leistungshöhepunkt, wir, trotz zwischenzeitlicher Führung, leider nicht ganz. Es ist einfach Sport.
Als älterer Hase habe ich den Austausch mit jüngeren Athleten genossen. Gerade wenn man über die berufliche Karriere neben dem Sport spricht, sind die Zielsetzungen andere. Bei vielen liegt der Fokus nahezu ausschließlich auf dem Sport. Mir war das Vorantreiben der Uni nebenbei immer extrem wichtig. Dadurch habe ich sicherlich einige Prozente im sportlichen Bereich eingebüßt, bin aber trotzdem zufrieden wie alles gekommen ist.“
Malik Bourakkadi (20), Badmintonspieler aus Mülheim an der Ruhr.
Malik studiert Sportwissenschaften an der Uni des Saarlandes.
„Das Event war so riesig. Ich war zwei Wochen dauerbeschäftigt. Ich bin, glaube ich, bei allen Busfahrten eingepennt – so erschöpft war ich von den vielen Eindrücken. Ich feiere die asiatische Kultur. Auf dem Weg zur Eröffnungszeremonie haben uns so viele Menschen am Straßenrand zugewunken und haben mit ihren Handys gefilmt. Alle Volunteers waren sehr freundlich, manchmal wirkte es aber ein bisschen überzogen und weniger authentisch.
Sportlich wussten wir nicht, was uns erwartet, mit welchen Athleten die asiatischen Top-Teams antreten würden. Wir gewannen dann unser Gruppenspiel gegen Singapur – das ist normalerweise viel anspruchsvoller. Von meiner Leistung im Mixed bin ich teilweise ein bisschen enttäuscht. Wir haben viel liegengelassen, vor allem gegen Hongkong – sehr ärgerlich! Die Halle war voll und die Fans sind für ihre Mannschaft ausgerastet. Die Klimaanlage erzeugte permanent Wind auf dem Feld. Es waren schwierige und ungewohnte Bedingungen für uns. Ich habe mir vorher gesagt, ich möchte die Atmosphäre und die Fans spüren – auch wenn sie gegen mich sind. Die Stimmung hat mich eher gepusht. Eine gute Erfahrung.
2025 will ich auf jeden Fall dabei sein – dann findet Badminton wahrscheinlich in meiner Heimatstadt Mülheim statt, mit meiner Familie, meinen Freunden und Fans im Rücken. “
Die World University Games fanden vom 28. Juli bis 8. August 2023 statt. Studentische Spitzensportler*innen im Alter von 18 bis 27 Jahren – bedingt durch die Verschiebung des Events wurde die Altersgrenze um zwei Jahre erweitert – aus rund 150 Ländern nahmen teil. Insgesamt reisten etwa 10.000 Sportler*innen und Offizielle nach Chengdu. Die Deutsche Studierenden-Nationalmannschaft war in den 14 Sportarten Badminton, Bogenschießen, Fechten, Gerätturnen, Judo, Leichtathletik, Rudern, Sportschießen, Schwimmen, Taekwondo, Tischtennis, Volleyball, Wasserball und Wasserspringen vertreten. Mit 160 Aktiven und 76 Offiziellen entsandte Deutschland die historisch größte Delegation zu den FISU Games.
2025 ist die Region Rhein-Ruhr Ausrichter des nach den Olympischen und Paralympischen Spielen größten Multisportevents der Welt. Die Wettkämpfe werden dann in Mülheim/Ruhr, Bochum, Düsseldorf*, Duisburg und Essen stattfinden.
*Düsseldorf wird nach einer Anpassung des Konzepts keine Wettkämpfe bei den World University Games 2025 an Rhein und Ruhr ausrichten, teilten die Veranstalter am 16.7.2024 mit. Als „Partner City“ rückt die Stadt Hagen mit ihren vorhandenen Anlagen im Basketball ins Boot.