Am 21. September, dem vorletzten Tag des kalendarischen Sommers 2021 hat die Sportstiftung NRW auf Gut Gnadental in Neuss eingeladen. Vorstandsvorsitzender Dr. Ingo Wolf und Geschäftsführer Maximilian Hartung empfingen rund 100 Gäste aus dem Sportland NRW. Bei spätsommerlich-sonnigem Wetter wurde gemeinsam auf die Teilnehmer*innen der Olympischen und Paralympischen Spiele in Tokio sowie auf das 20-Jahre-Jubiläum der Sportstiftung angestoßen.
Nach über 2 Jahren Coronabedingter Pause konnte das Sommerfest wieder stattfinden – zum dritten Mal auf der historischen Hofanlage der Unternehmerfamilie Zülow. Alle Teilnehmer waren geimpft, genesen oder getestet. Der Abend mit Köstlichkeiten vom Grillbuffet klang stimmungsvoll mit Musik der Marching-Band „Super Jazz“ aus.
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Gemischte Zimmer sind sehr beliebt. Kanuten mit Handballern, Fußballerinnen mit Schwimmerinnen, Triathleten mit Ruderern. „Dann hat man sich abends, nach Schule und Training immer etwas Neues zu erzählen“, weiß Sabine Böcker. Im Sport- und Tanzinternat Essen wohnen 50 Nachwuchssportler*innen zwischen 14 und 21 Jahren. Die Vorzüge der Sportartenvielfalt haben die meisten längst erkannt. „In der Schule muss man sein, bei uns darf man sein“, fasst Internatsleiterin Böcker mit einem Augenzwinkern zusammen.
„Wir tragen dafür Verantwortung, dass diese Jugendlichen ihre hohen sportlichen Ambitionen in einem physisch und mental geschützten Rahmen verfolgen können“, erklärt Gisela Hinnemann, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Sportstiftung NRW. „Unterstützung im Sportinternat ist für ihre Zukunft in jeder Hinsicht fundamental.
Die Stiftung fördert den Internatsstandort Essen im Rahmen der Qualitätsoffensive jährlich mit 46.500 Euro. Dahinter steht eine ganzheitliche Strategie. Das Internat kann dadurch essentielle Kriterien für seine Bewohner*innen erfüllen, zum Beispiel eine Rund-um-die Uhr-Betreuung durch pädagogische Fachkräfte oder Unterstützung bei schulischen Aufgaben durch Hausaufgabenhilfe und Nachführunterricht. Die hohen Standards werden jetzt durch eine Plakette der Sportstiftung NRW symbolisch belegt.
„Jeder Athlet muss auch für die Zeit nach der Sportkarriere gewappnet sein“, sagt Gisela Hinnemann, die zwischen 2006 und 2009 als Lehrerin für Mathematik Sportklassen am benachbarten Helmholtz-Gymnasium unterrichtete und Sportler am Internat nachmittags betreute. Das Gymnasium und die Elsa-Brändström-Realschule sind Partner im Verbundsystem der Eliteschulen des Leistungssports. 2013 kürte der Deutschen Olympischen Sportbund diesen Schulverbund zur Eliteschule des Jahres.
Horst Melzer, Geschäftsführer des Internats: „Das Sport- und Tanzinternat ist ein Aushängeschild für Essen und für die duale Karriere junger Talente in Leistungssport und Ausbildung. Alle Absolvent*innen legen bei uns einen qualifizierten Schulabschluss ab.“
Fußballerin Turid Knaak gelang mit Beginn ihrer Internatszeit in Essen eine beispielhafte duale Karriere. Sie wurde Nationalspielerin und promovierte in diesem Jahr sogar an der Universität zu Köln (Sonderpädagogik). Damit ist sie die erste aktive deutsche Fußball-Nationalspielerin mit Doktortitel.
Andere prominente Vorbilder aus der Rüttenscheider Talentschmiede sind Kanute Max Rendschmidt, der in Rio und Tokio drei olympische Goldmedaillen gewann. Jakob Schneider ruderte mit dem Deutschland-Achter zu Olympia-Silber, ist Welt- und Europameister. Auch Schwimmer Marius Kusch (Europameister 100m Schmetterling 2019) war bei den Olympischen Spielen dabei. Dorthin möchte in Zukunft Rosalie Kleyboldt. Die Jugend-Europameisterin wohnt aktuell noch im Internat.
1 Million im Jahr
Das im Jahr 2007 eröffnete Vollzeitinternat beherbergt Nachwuchs aus den olympischen Sportarten Schwimmen, Triathlon, Kanu, Rudern, Handball und Frauenfußball. Aufgenommen werden ausschließlich Angehörige eines Bundeskaders sowie herausragende NRW-Landeskader. Träger des Internats ist der Verein „Sport- und Tanzinternat e. V“ mit seinem Vorsitzenden Christian Hülsmann.
Die Sportstiftung fördert nordrhein-westfälische Sportinternate pro Jahr mit ca. 1 Million Euro. Darunter fallen Stellen für Internatsleiter, pädagogisches und sportpsychologisches Fachpersonal ebenso wie Projekte zur Berufsorientierung. Besonders talentierte Athlet*innen unterstützt die Sportstiftung zusätzlich mit einer Individualförderung von durchschnittlich 200 Euro pro Monat. Internatskosten können auf maximal 300 Euro monatlich gedeckelt werden.
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Teresa Rohner ist Teamleiterin von aktuell 49 Jugendlichen im FC-Sportinternat – Fußballer aus den Jugendmannschaften des 1. FC Köln, Eishockeyspieler vom KEC und Nachwuchsathlet*innen aus den olympischen Sportarten Judo, Turnen, Hockey, Radsport und Boxen. Köln ist deutschlandweit eines der wenigen Internate mit dieser heterogenen Zusammensetzung. 20 Internatsplätze sind ständig für Talente des Olympiastützpunkts NRW/Rheinland (OSP) reserviert.
„Alle profitieren und lernen voneinander und es macht das Zusammenleben vielfältiger und bunter“, erklärt Internatsleiterin Rohner. „Wichtig für uns ist, dass die Sportlerinnen sich im Internat wohlfühlen und sie über den Sport und das Schulische hinaus Lebenskompetenzen entwickeln.“
Träger des im Jahr 2003 gegründete Internats ist der 1. FC Köln. Geschäftsführer Alexander Wehrle sagt: „Wir legen großen Wert darauf, dass die Werte unseres Vereins im Internat vermittelt und gelebt werden. Das Miteinander so vielfältiger und ehrgeiziger junger Menschen aus verschiedenen Sportarten basiert auf gegenseitiger Unterstützung, Toleranz und Fairness.“
„Ein festes Fundament gießen“
Die Qualitätsprüfung der Sportstiftung NRW hat die Einrichtung bestanden, verkündete der Vorstandsvorsitzende Dr. Ingo Wolf: „Wir sehen uns als Sportstiftung in der Verantwortung, unseren herausragenden Talenten in Nordrhein-Westfalen alle Entwicklungsmöglichkeiten zu öffnen – sportlich wie schulisch. Mit der Qualitätsoffensive setzen wir unsere ganzheitliche Förderstrategie in die Praxis um. Die Zeit im Sportinternat ist richtungweisend. Wenn wir Athletinnen und Athleten in dieser Phase stärken, gießen wir ihrer Laufbahn in Leistungssport, Ausbildung und Beruf ein festes Fundament.“
Michael Niedrig, Geschäftsführer des Internats: „Der Weg vom Toptalent zum professionellen Leistungssportler ist ein langer Weg und ganz individuell von unterschiedlichen Herausforderungen geprägt. Diese Gesamtentwicklung gilt es ebenso individuell zu fördern und zu begleiten.“
Von Apetz bis Wickler
Viele mittlerweile namhafte Sportler*innen haben die Kölner Talentschmiede als Sprungbrett genutzt. Boxerin Nadine Apetz, Beachvolleyballer Clemens Wickler, Judoka Johannes Frey und Moritz Plafky nahmen in diesem Jahr an den Olympischen Spielen in Tokio teil. Die Judoka holten mit der Mannschaft die Bronzemedaille. Aus dem FC-Nachwuchsleistungsbereich haben zuletzt die Spieler Jan Thielmann, Noah Katterbach, Sava Cestic und Tim Lemperle den Sprung zu den FC-Profis geschafft. Die Eishockeyspieler Kevin Niedenz und Leo Hafenrichter wurden nach Kanada (OHL) gedraftet.
Das FC-Sportinternat wird im Rahmen der „Qualitätsoffensive“ mit jährlich 62.000 Euro gefördert.
50 Qualitätsmerkmale
„Mit ihrer Initiative „Qualitätsoffensive“ zielt die Sportstiftung NRW auf einheitlich hohe Standards an allen geprüften Sportinternaten in Nordrhein-Westfalen. Dazu gehört eine 24-Stunden-Betreuung durch pädagogische Fachkräfte an sieben Tagen in der Woche. Jeder Bewohner wird sportpsychologisch, medizinisch und physiotherapeutisch umsorgt. Die unabhängige Prüfung der Sportstiftung stellt zudem sicher, dass die Internatsschüler präventiv vor sexualisierter Gewalt geschützt werden und in ihrer schulischen Ausbildung durch Hausaufgabenbetreuung und Nachführunterricht bestmöglich unterstützt werden. Insgesamt hat die Sportstiftung rund 50 Qualitätskriterien entwickelt und geprüft.