11717 Gutachter: „Authentisch sein ist wichtig“

Carolin Nischwitz und Bruno Klein als Gutachter berufen – Vorstand der Sportstiftung hat den Ausschuss erweitert.

Im Rahmen der Agenda 2030 hat die Sportstiftung NRW das Auswahlverfahren für die Individualförderung grundlegend überarbeitet. Dazu gehört auch eine Erweiterung und veränderte Arbeitsweise des Gutachterausschusses. Der Vorstand hat deshalb zum 01.01.2023 zwei neue Gutachter berufen: die ehemalige
Wasserball-Nationalspielerin und Wirtschaftspsychologin Carolin Nischwitz und den Sportökonomen Bruno Klein. Sie prüfen und bewerten in den kommenden zwei Jahren die Bewerbungen für die Talent-Förderung und die Internatsplatz-Förderung. Der Guachterausschuss setzt sich aus fünf Mitlgiedern zusammen.

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Frau Nischwitz, Herr Klein, worauf achten Sie bei einer Bewerbung grundsätzlich?

Carolin Nischwitz: Jede Bewerbung ist nur eine Momentaufnahme. Mich interessiert vor allem, welche Erfahrungen jemand bereits gesammelt hat. Wie ist sie oder er zum Beispiel mit einer schwierigen Situation umgegangen? Welche Erkenntnisse sind gereift, die man in der Zukunft anwenden kann?

Bruno Klein: Authentizität ist mir wichtig. Ich möchte herausfinden, ob jemand etwas vorspielt, ob er sich lediglich gut verkaufen kann oder klare innere Werte vertritt und sich dazu positioniert. Jemand mit Ecken und Kanten, der vielleicht nicht optimal ins Anforderungsprofil passt, aber ein klares Bild von sich abgibt, ist mir lieber. Es ist dann wichtig, solchen Menschen Möglichkeiten zu eröffnen, sich zu entwickeln.

Worauf legen Sie als Gutachter der Sportstiftung NRW insbesondere wert?

Klein: Das 6-Kompetenzen-Modell beschreibt gut, worauf es ankommt. Die sportliche, idealerweise kontinuierliche, Leistungsfähigkeit können wir nicht ausklammern. Ist der Körper zum Beispiel verletzungsanfällig, ist das ein hartes Kriterium, das wir im Leistungssport jedoch nicht außer Acht lassen können. In dem Bewerbungsvideo möchte ich Begeisterung sehen für das, was man macht.

Nischwitz: Liebt die Athletin ihren Sport? Vertritt sie gerne ihren Verein? Die intrinsische Motivation, wofür und weshalb man sich um Förderung bewirbt, soll erkennbar sein.

Klein: Der Fragenbogen hilft, die persönlichen Neigungen und Werte der Bewerber sichtbar zu machen.

Nischwitz: Man muss dabei relativieren. Die Sportstiftung NRW ist ein Nachwuchsförderer. Die Athletinnen und Athleten stehen am Anfang ihrer Karriere. Mit 16, 17 Jahren hat man sich vielleicht gerade erst selbst gefunden. Junge Sportler haben weniger Erfahrung darin, auszudrücken, wer sie sind. Trotzdem ist es wichtig, dass sie es versuchen. Auch introvertierte Menschen können zeigen, dass sie begeisterungsfähig sind und hinter dem stehen, was sie machen – auf ihre Art und Weise.

„Wir suchen auch diejenigen,
die sich für ihren
Sport engagieren.“
Bruno Klein, Gutachter

Was vermittelt das neue Auswahlverfahren den Athlet*innen Ihrer Meinung nach?

Nischwitz: Es betrachtet den Sportler auch als Menschen. Es kann Vorbilder für jüngere, angehende Athletinnen und Athleten hervorbringen. Durch die sozialen Medien gibt es ein riesiges Potenzial gesehen zu werden. Ich fand es mutig, wie die Turnerin Simone Biles während der Olympischen Spiele mit ihrer Depression umgegangen ist und wie sie die sozialen Medien als Sprachrohr genutzt hat. Das hatte Vorbildcharakter zu sagen: Das hier ist das größte Sportevent der Welt, aber ich gehe jetzt, weil ich mich nicht gut fühle. Das macht anderen Sportlerinnen und Sportlern Mut, zu ihren Problemen zu stehen, sie zu äußern und sich so Unterstützung zu holen – das betrifft mentale Probleme, psychische Gewalt, Belästigungen oder das Outing zu seiner Homosexualität. Dahin sollten wir Schritt für Schritt kommen.

Klein: Wir suchen nicht nur diejenigen, die Topleistungen bringen, sondern auch die, die sich für den Sport engagieren. Die mithelfen, dem Sport einen hohen Status in der Gesellschaft zu verleihen. Das TV-Format „Ninja Warrior“ ist aus meiner Sicht ein gutes Beispiel, wie Persönlichkeiten ihren Sport interessanter machen und dafür sorgen, dass der Sport vorangetrieben wird. Dafür müssen wir mehr tun. Es braucht Strahlkraft, dass in NRW Talente gefördert werden, die Vorbildcharakter haben und ihren Sport weiterentwickeln. Ich finde das Auswahlverfahren definitiv einen guten Ansatz und sehe einen Teil unserer Aufgabe darin, es weiterzuentwickeln.

Nischwitz: Als ehemalige Leistungssportlerin ist es mir wichtig zu zeigen, dass Schule, Ausbildung oder Studium mit dem Sport vereinbar sind. Es gibt immer diejenigen, denen es gelingt. Wenn wir diese Athletinnen und Athleten sichtbar machen, zeigen wir anderen, wie sie es schaffen und welche Hilfen sie dabei – zum Beispiel von der Sportstiftung – bekommen können. Das finde ich gut.

Carolin Nischwitz

( Jg. 1986, aus Essen) ist Wirtschaftspsychologin (M.Sc) und zertifizierte Onlinecoach mit dem Schwerpunkt Persönlichkeitsentwicklung. Mit dem SV Blau-Weiß Bochum wurde sie zwischen 2003 und 2011 neunmal Deutsche Meisterin im Wasserball und nahm an Europa- und Weltmeisterschaften teil. Parallel schloss sie eine Ausbildung zur Medienkauffrau (IHK) ab. Seit 2014 leitet Nischwitz Wettkämpfe als Schiedsrichterin und stieg 2020 zum nationalen Top-20-Referee auf.

Bruno Klein

( Jg. 1962, aus Niederkassel) hat 30 Jahre im Bereich Personal-, Führungskräfte und Organisationsentwicklung gearbeitet und war in leitender Position u. a. beim 1. FC Köln, Stabilus, Carl Zeiss und der Unternehmensberatung LWP tätig. Klein ist Gründer und geschäftsführender Gesellschafter eines Unternehmens, das u. a. Leadership-Excellence-Programme umsetzt sowie Firmenevents und Reisen organisiert. Der Diplom-Sportlehrer (DSHS Köln) war ehrenamtlich Lehrwart beim westdeutschen Skiverband sowie als Trainer im Volleyball aktiv.

Categories: News Schlagwörter: | Comments 11718 Kompetenzen-Modell vorgestellt

Die Sportstiftung NRW hat das Bewerbungsverfahren für ihre Individualförderung grundlegend verändert. Leistungssportliche Talente können sich jetzt eigeninitiativ für die drei Module Talentförderung, NRW-Sportstiftungs-Stipendium und Internatsplatz-Förderung bewerben. Für den Auswahlprozess wurde ein 6-Kompetenzen-Modell entwickelt, mit dessen Hilfe mündige Talente identifiziert werden sollen. Die Neuerungen wurde im Rahmen der 26. Kuratoriumssitzung am 25. April 2023 in den Räumen der ARAG Allgemeine Versicherungs-AG in Düsseldorf vorgestellt. 

Grundlage der Veränderungen ist das vor Jahresfrist veröffentlichte und zum 1. Januar 2023 in Kraft getretene neue Förderkonzept.  

Andrea Milz, stellvertretende Kuratoriumsvorsitzende und Staatssekretärin für Sport und Ehrenamt: „Die Sportstiftung NRW unterstützt ausgewählte Talente auf ihrem Weg im Leistungssport und in der Ausbildung und schafft damit ein solides Fundament für eine erfolgreiche sportliche und nachsportliche Karriere. Die Förderangebote unterstützen sie dabei, Vorbilder im und durch den Leistungssport zu werden.“

Dr. Ingo Wolf, Vorstandsvorsitzender: „Der Sport braucht starke Botschafterinnen und Botschafter sowie nahbare Vorbilder. Sie zu identifizieren, ist unsere Aufgabe. Durch ein neuartiges Auswahlverfahren geben wir den Athletinnen und Athleten die Möglichkeit, sich selbstbestimmt für eine Förderung zu empfehlen. Mit unseren Reformen in der Athletenförderung möchten wir einen Beitrag zur Weiterentwicklung des Spitzensports in NRW leisten.“

Auswahlverfahren identifiziert sechs Kernkompetenzen

Das neue Auswahlverfahren wird für die Talent-Förderung (250 Euro/Monat) eingesetzt. Es beinhaltet ein Motivationsschreiben, ein Bewerbungsvideo und einen digitalen Persönlichkeitsfragebogen. Dem Fragenbogen liegt ein Modell zugrunde, das sechs Eigenschaften und Kompetenzen beschreibt, die mündige Athletinnen und Athleten auszeichnen: Intrinsische Motivation, Respekt, Emotionale Kompetenz, Team- und Kritikfähigkeit, Authentizität und Engagement.

Den Bewerberinnen und Bewerbern werden Fragen zu den einzelnen Kompetenzfeldern gestellt. Die Ergebnisse ihrer Selbsteinschätzung dienen dem Gutachterausschuss und dem Vorstand der Sportstiftung dazu, deren Stärken und Entwicklungsmöglichkeiten zu erkennen. Das 6-Kompetenzen-Modell wurde in Zusammenarbeit mit dem Kölner Institut für Managementberatung (KIM) und mit Unterstützung der studentischen Unternehmensberatung „Campus for Company“ entwickelt. Es basiert auf den Einschätzungen befragter Spitzenathletinnen und -athleten zu den entscheidenden persönlichen Voraussetzungen für Spitzenleistungen. Gastreferent Momme Jürgensen (KIM) erläuterte das Modell im Rahmen der Kuratoriumsssitzung.

Talente, die sowohl hervorragende Leistungen im Sport als auch in ihrer akademischen oder beruflichen Ausbildung erbringen, können sich zusätzlich auf das NRW-Sportstiftungs-Stipendium (300 Euro/Monat) bewerben. Das gilt auch für Studienanfänger. Die ersten 90 Stipendiatinnen und Stipendiaten wurden bereits bei einer Feierstunde im Januar ausgezeichnet. Das Stipendium wird künftig nur in Verbindung mit der Talent-Förderung vergeben.

Der dritte Baustein der Individualförderung ist die Internatsplatz-Förderung. Bewohnerinnen und Bewohner der NRW-Sportinternate können diese Unterstützung beantragen, um die eigenen Kosten für ihren Internatsplatz zu reduzieren. Ziel ist es, dass sie bzw. ihre Eltern maximal 300 Euro/Monat selbst aufbringen müssen.

Alle Förderangebote sind für Angehörige der olympischen, paralympischen, deaflympischen und World-Games-Nachwuchskader zugänglich. Voraussetzung ist, dass sie einen engen Bezug zum Sportland NRW haben, das heißt, den Trainings- und/oder Lebensmittelpunkt in Nordrhein-Westfalen oder das Startrecht für einen NRW-Verein haben.

Neue Mitglieder im Kuratorium

Die Sportstfitung NRW begrüßte im Rahmen der Sitzung sechs neue Kuratoriumsmitglieder. Nicolas Limbach, Olaf Tabor, Tülay Durdu MdL, Dr. Urban Mauer, Hedwig Tarner MdL und Karl Valks wurden von der NRW-Landesregierung für fünf Jahre in das Gremium berufen.

„Mit unseren Reformen möchten wir einen Beitrag zur Weiterentwicklung des Spitzensports in NRW leisten“
Dr. Ingo Wolf, Vorstandsvorsitzender
Staatssekretärin Andrea Milz
Dr. Ingo Wolf
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Categories: News Schlagwörter: , , , , , | Comments 11124 Jahres-Bericht 2022

Die Sportstiftung NRW präsentiert den neue Wirkungsbericht. In der aktuellen Ausgabe betrachten wir die Ereignisse des Jahres 2022 detailliert im Rückspiegel und veranschaulichen die Fördermaßnahmen und -möglichkeiten für NRW-Athlet*innen. Schwerpunktthema des 50-seitigen Reports sind die umfassenden Reformen der Individualförderung im Rahmen der „Agenda 2030“.

Der Jahresbericht stellt die Bausteine der neuen Individualförderung übersichtlich vor. Es wird aufgezeigt, wer sich künftig um eine Förderung bewerben kann und worauf sich das neue Auswahlverfahren stützt. Prägend für alles Handeln der Sportstifung ist die Vision: „Mündige Athletinnen und Athleten begeistern und inspirieren die Menschen in NRW mit ihren Leistungen und ihrer Leidenschaft.“

Dr. Ingo Wolf, Vorstandsvorsitzender: „Wir konzentrieren unsere ganze Kraft auf die Nachwuchskader im Sportland NRW. Dort werden wir neben olympischen, paralympischen und deaflympischen Sportarten künftig auch Talente aus nicht-olympischen World Games-Disziplinen fördern. Der Sport braucht starke Botschafter und nahbare Vorbilder auf jedem Leistungsniveau, um sich weiterzuentwickeln. Sie zu identifizieren, ist unsere Aufgabe. Durch ein neuartiges Auswahlverfahren geben wir den Athletinnen und Athleten die Möglichkeit, sich selbstbestimmt für eine Förderung zu empfehlen.“

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst: „Für die Sportstiftung NRW stand das vergangene Jahr ganz im Zeichen der Entwicklung neuer Fördergrundsätze und eines eigenen Stipendienprogramms. Denn: Die Karriere im Beruf und Höchstleistungen im Sport miteinander zu verbinden, ist und bleibt eine große Herausforderung für die Athletinnen und Athleten. Unsere Sportstiftung wird sie dabei auch weiterhin auf vielfältige Weise unterstützen.“

Der Blick auf das Jahr 2022 unterstreicht: Das Zusammenspiel mit Partnern aus Wirtschaft, Bildung, Gesellschaft und Sport bleibt bedeutsam für die Sportförderung im Land – beispielsweise im Rahmen des neuen NRW-Sportstfitungs-Stipendium oder bei der nachsportlichen Förderung (Alumni-Netzwerk, Trainee-Programm, Coaching). Allein 25 Stipendienpartner engagieren sich mit rekordverdächtigen rund 100.000 Euro. Abgerundet wird die Ausgabe mit Berichten von und über Sportlerpersönlichkeiten des vergangenen Jahres, wie zum Beispiel FELIX-Newcomerin Nina Holt. 2022 hat die Stiftung mehr als 550 NRW-Athlet*innen gefördert.

Themen:

Reform Förderkonzept – Die neuen Bausteine der Athletenförderung, Förderkritierien im Überblick

Neue Gutachter – Ex-Wasserballerin Carolin Nischwitz und Sportökonom Bruno Klein über das neue Bewerbungsverfahren

Kompetenzen-Modell – 6 Eigenschaften mündiger Athlet*innen bei der Förderbewerbungen

Alumni – Den Mittelpunkt am Mittelpunkt treffen: 2. Netzwerkevent für Ex-Athlet*innen in Dortmund, Motto: „Target Sprint“

Im Studium – 90 Stipendiat*innen beim Captains Day geehrt und „verknüpft“

World Games – Die Newcomerin des Jahres macht Rettungssport: „Holt holt Gold“

Deaflympics 2022 – Oder: „Mein Abitur mache ich einfach später“. Zwei Gehörlosensportler*innen berichten

Bilanz – Rd. 120.000 Euro/Monat für Individualförderung der Athlet*innen

„Mit unseren Reformen möchten wir einen Beitrag zur Weiterentwicklung des Spitzensports in NRW leisten“
Dr. Ingo Wolf, Vorstandsvorsitzender

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