Trainee
9686 Ein großer Spiegel

Die ehemalige Hürdensprinterin Pamela Dutkiewicz-Emmerich (31) ist achtfache deutsche Meisterin. Sie gewann zwei Medaillen bei der Europameisterschaft und als Höhepunkt Bronze bei der WM 2017 in London. Im September 2021 beendet sie ihre sportliche Karriere und erfuhr vom Trainee-Programm der Sportstiftung NRW mit der Dortmunder Stadtwerke AG (DSW21). Parallel macht Pamela eine Ausbildung zum systematischen Coach. Schon steht der nächste große Umbruch bevor: 2023 wird sie Mutter. Hier berichtet sie von ihrer neunmonatigen Trainee-Zeit:

Angst vor dem „Nichts“

Als klar war, ich höre mit dem Sport auf, und ich habe Lust, etwas außerhalb meiner Netz-Bubble zu tun, habe ich die Sportstiftung NRW angerufen. Das Trainee-Angebot fand ich sofort spannend. Man ist in der aktiven Zeit den Blick schon sehr fokussiert auf alles rund um den Sport. Daher hatte ich ein bisschen Angst vor dem „Nichts“ danach. Ich konnte meine Fähigkeiten gar nicht einschätzen. Was muss ich im Job tun? Kann ich ja gar nicht. Habe ich nie gemacht.

Inzwischen weiß ich: Wenn man Lust hat, motiviert ist, Impulse aufnehmen kann – dann kann man sich überall reinfuchsen. Diese Mauer tiefer zumachen vor der Berufswelt, in der mir völlig die Erfahrung fehlte, das war wirklich erleuchtend! Meine Zeit Trainee-Zeit hat mich beruhigt, weil sie mir gezeigt hat, wie breit gefächert mein Aufgabenbereich am Ende sein kann.

„Ich brauche ein klares Ziel und dann laufe ich los und mache.“
Trainee Pamela Dutkiewicz-Emmerich

Ich bin in einem maximalen Veränderungsprozess. Nicht nur meine Tätigkeit hat sich verändert, auch meine Freizeit. In der aktiven Zeit war das entspannt: Buch lesen, Natur, Nervensystem runterbringen. Im Job brauchte ich eher Bewegung und Erlebnis. Ich habe noch nie tagsüber so viele Stunden auf einem Stuhl gesessen. Es war die Challenge, einen Ausgleich zu finden. Ich bin ganz bewusst in jeder Mittagspause um den Block marschiert und war sehr dankbar, mobil arbeiten zu können: auf meiner Terrasse, in der Küche, mal im Café. Nach der Arbeit war ich trotzdem total oft platt.

Ich habe lange gebraucht, um dieses Angestelltenverhältnis für mich einzuordnen. Es ist eine ganz andere Welt als ich bisher kannte. Das machte was mit mir. Ein krasses Aha-Erlebnis. Zu meinem Sportlerinnendasein gehörte zwar mehr als nur das Sporttreiben. Das konnte ich aber alles um den Sport herumbauen. Deshalb war es rückblickend gut und wichtig, dass ich nach dem Karriereende drei Monate hatte, um den neuen Ist-Zustand zu verstehen.

Nach meiner Sportkarriere war ich auf der Suche nach einer Herausforderung, nach etwas Sinnhaftem, nach Verantwortung, Zielen und Orientierung. Im Sport hatte ich die maximale Sinnhaftigkeit in dem, was ich getan habe. Ich musste mich nicht motivieren – ich war immer motiviert. Daher war es total wichtig für mich, herauszufinden, in welche Richtung ich gehen will. Ich bin eine Macherin. Ich brauche ein klares Ziel und dann laufe ich los und mache.

Pamela Dutkiewicz-Emmerich beendete 2021 ihre sportliche Karriere und wechselte ins Trainee-Programm der Sportstiftung NRW mit DSW21.

Out-of-the-box denken

Ich merkte dann, dass ich im Job viel mehr kann, als ich gedacht habe. In der Unternehmenskommunikation bei DSW21 habe ich einiges beitragen können; zum Beispiel wie und wo man Botschaften gut platzieren kann. Ich hätte nicht gedacht, dass es so viele Schnittpunkte zu meinen Erfahrungen als Sportlerin gab. Ich habe die Social Media Kanäle der Stadtwerke bespielt, Projekte zum Weltfrauentag umgesetzt und für die Mitarbeiterzeitung geschrieben. Das war etwas richtig Handfestes. Bei meinen Stationen im Gesundheits- und Personalmanagement ging es oft darum, wie man Leute erreicht. Ich fand es schön, jedesmal in neuen, kleinen Teams zusammenzuarbeiten. Ich musste aber lernen zu kommunizieren, was ich kann, so dass mein Team von mir profitiert.

Da, wo ich keine Fachkenntnis habe, bekam ich oft eine positive Rückmeldung, weil ich „out-of-the-box“ denke. Da kann ich wohl mit meinem etwas anderen Blickwinkel gute Impulse geben – und ich traue es mich auch zu tun. Kollegen sagten, ich hätte so einen Drive, etwas schaffen zu wollen. Für mich war wichtig zu sehen, dass ich den Aufgaben in einem Unternehmen gewachsen bin und dazu lerne. Der Punkt ist, dass du ja auch nicht zu einer Olympaisiegerin geboren wirst, sondern, dass du noch viel aus dir rausholen kannst. Nach oben ist viel offen. Da muss man sich nicht selbst beschränken.

Durchsetzen und Mut haben, sich einzubringen: Das habe ich im Sport gelernt, denn ich hatte immer viel Konkurrenz. Aber wir haben auch viel gemeinsam trainiert. Ein Miteinander mit Wertschätzung und Offenheit gegenüber anderen ist für mich völlig selbstverständlich.

Das Traineeprogramm gab mir so viele Einblicke und wahnsinnig viele Erfahrungen. Das ist für mich wie ein großer Spiegel. Oft sah ich dann: Das war gar nicht der Sport, das war ja ich! Ich habe maximal viel aus den neun Monaten mitgenommen, in denen ich immer mehr zu mir gefunden habe. Zu dem, was mich interessiert, was ich weiter forcieren möchte. Ich habe gemerkt, ich hänge noch am Sport. Jetzt fange ich an, in einem neuen Setting erste Schritte zu gehen, meine ersten Hürdenüberquerungen zu machen – das ist die Arbeit als Coach. Ich habe zum Beispiel eine Weiterbildung zu prä- und postnatalen Trainerin angefangen. 2023 erwarte ich mein erstes Kind.

Die Zusammenarbeit mit
den Sportlern fruchtet
wechselseitig.“
Harald Kraus, Vorstand Dortmunder Stadtwerke AG, Arbeitsdirektor

Steckbrief Pamela Dutkiewicz-Emmerich

Ehem. Hürdensprinterin, Jg. 1991, aus Bochum,
TV Wattenscheid

Erfolge:
2018 2. Platz EM
2017 3. Platz WM
2016 Halbfinale Olympische Spiele
DM-Rekordhalterin über 60m und 100m Hürden

Categories: Story Schlagwörter: , , , , , , , , , | Comments 6421 Trainee-Programm mit 1. FC Köln

Dass die Ressource Personal in Deutschland Mangelware ist, ist längst bekannt. Unternehmen brauchen andere Formen der Zusammenarbeit, um sich Talente zu sichern. Aus diesem Grund hat der 1. FC Köln gemeinsam mit der Sportstiftung NRW und seinen Partnern REWE Group, DEVK und RheinEnergie ein neu entwickeltes Traineeprogramm gestartet. Das Programm ist ein erster Ansatz zur Zusammenarbeit über die Unternehmensgrenzen hinaus und nimmt eine besonders attraktive Zielgruppe in den Blick: Leistungssportler. Die Trainees können ihre Fähigkeiten und Erfahrungen aus ihrer Sportlaufbahn in den Beruf übertragen. Für die Unternehmen geht es dabei nicht um Personalleasing, sondern um ein Teilen von Ressourcen.

„Perfekter Auftakt ins Berufsleben“

Das Trainee-Programm richtet sich an Mitglieder der Bundeskader aus NRW, die ihre Sportkarriere beendet und ihr Studium abgeschlossen haben. Leichtathlet Tobias Lange und Schwimmer Christian vom Lehn sind Anfang Oktober in das neue Programm gestartet. „Als letztes Jahr im Herbst die erste Ankündigung der Sportstiftung kam, war ich direkt begeistert. Für mich war klar, dass das mein perfekter Auftakt ins Berufsleben sein könnte“, sagt Tobias. Er blickt den nächsten Monaten gespannt entgegen: „Ich freue mich auf unterschiedliche Unternehmen, Einsatzgebiete und Themenbereiche, auf neue Kontakte, Aufgaben und Herausforderungen.“

Für Christian liegt der Mehrwert im fließenden Übergang von der sportlichen Karriere und dem Studium zum Beruf. „Der Leistungssport und mein paralleles Studium waren zeitintensiv – zusammengerechnet ein Vollzeitjob. Dadurch habe ich in Summe weniger berufliche Praxiserfahrung als andere Absolventen. Jetzt kann ich in kompakter Zeit branchenübergreifende Einblicke in Firmen gewinnen und diese so näher kennenlernen“, sagt der ehemalige Schwimmer.

„Ich kann in kompakter Zeit branchenübergreifende Einblicke gewinnen.“
Trainee Christian vom Lehn

Exklusive Verbindung zu Potenzialträgern

In den kommenden 18 Monaten werden die beiden bei DEVK und REWE starten, verschiedene Stationen beim FC und den Partnerunternehmen durchlaufen und sich beruflich orientieren. „Als Impulsgeber des Trainee-Ansatzes nutzen wir die Chance, als Unternehmen exklusiv mit mehreren Potentialträgern in Verbindung zu treten. Das erleichtert uns den Talentfindungsprozess enorm“, sagt Bruno Klein, Interims-Leiter Personal beim FC. 

Für die Unternehmen bietet das Projekt die einmalige Chance, während der Laufzeit mehrere Trainees zu sichten. „Wer es schafft, neben einer aktiven Leistungssportkarriere noch erfolgreich ein Studium zu absolvieren, bringt für uns die nötige Energie mit, die wir bei neuen Mitarbeitern suchen und schätzen“, sagt Stefanie Zitzen, Personalreferentin der RheinEnergie AG. Auch Claudia Nebel-Rau, Personalreferentin der DEVK Versicherungen, freut sich über das Projekt: „Das Traineeprogramm ist eine tolle Möglichkeit für ehemalige Hochleistungssportlerinnen und Hochleistungssportler, wichtige Berufserfahrung zu sammeln. Wir sehen dies auch als soziales und gesellschaftliches Engagement und ermöglichen es somit gerne.“ Andreas Gutt, Bereichsleiter HR REWE National, hebt die Vorteile für alle Beteiligten heraus: „Wir profitieren von der besonders hohen Attraktivität des Trainee-Programms und den beteiligten renommierten Unternehmen, um damit die besten Talente für uns zu gewinnen.“ 

Ergänzt wird das Trainee-Programm von einem Coachingangebot der Sportstiftung NRW, das explizit die Übergangsphase in die nachsportliche Karriere begleitet. Das Pilotprojekt startet parallel auch in Dortmund, bei erfolgreichem Verlauf soll es als fester Baustein der nachsportlichen Karriereförderung auf weitere Standorte in NRW ausgeweitet werden. 

Trainee Christian vom Lehn
Christian vom Lehn
Trainee Tobias Lange
Tobias Lange
Trainees FC Köln Categories: News Schlagwörter: , , , , , , | Comments
Fristen