Agatha Schmidt pendelt täglich zwischen Matte und Matrix. Die 22-Jährige studiert Wirtschaftsinformatik und trainiert am Judo-Bundesstützpunkt in Köln. „Das bedeutet doppelten Stress für mich“, sagt die ehrgeizige Sportlerin. „Es gibt aber eben mehrere wichtige Dinge im Leben.“
Das ist auch der Grund, weshalb sich Agatha beim Captains Day ins Scheinwerferlicht stellt. Von ihrem Bewerbungsauftritt vor Vertretern der Community „Wirtschaft & Leistungssport“ verspricht sich die Judoka eine Werkstudentenstelle in der IT. Einen Bachelor-Abschluss in BWL hat sie bereits. Gute Argumente, um für sich zu werben. Bereits am nächsten Tag hat sie ihr gelbes Kostüm wieder gegen den weißen Judo-Anzug getauscht und wird Deutsche Vize-Meisterin. Die Tür für höhere Aufgaben hat sie im doppelten Sinn aufgestoßen.
Von der Videobotschaft bis zum Onlineprofil
Leistungssport und Beruf sind vereinbar. 17 Athletinnen und Athleten sind bei der Sportlerbörse des 9. Captains Day angetreten, um beide Karrierewege zeitgleich zu planen. Diese bundesweit einzigartige Veranstaltung ermöglicht ihnen den frühzeitigen Einstieg in den Arbeitsmarkt.
Per Video-Botschaft, mit einem fünfminütigen Bühnenauftritt und in persönlichen Tischgesprächen versuchte jeder Teilnehmer auf seine Art zu überzeugen. Moderator Dr. Arnd Schmitt, Doppel-Olympiasieger im Fechten, navigierte die Akteure geschickt durch ihre Auftritte. Vorbereitet wurden sie bei einem Workshop der Sportstiftung mit den WDR-Sportmoderatoren Anke Feller und Claus Lufen sowie mit Janine Bischoff vom Personaldienstleiter Adecco.
Nervosität und Grenzen überwunden
„Ich bin begeistert und sehr froh, trotz meiner Aufregung auf die Bühne gegangen zu sein!“, erzählt Cosima Clotten. Die 19-Jährige gewann Bronze bei der U23 Ruder-WM 2019. Neben ihrem Psychologiestudium sucht sie nun ein Praktikum, zum Beispiel in der Forschung: „Ich möchte an meinen Aufgaben wachsen.“ Der Sport als Schule fürs Leben? „Ja“, bestätigt Segler Tim Felipe Conradi, 18. „Ich habe gelernt achtsam mit meinem Körper und dem Material umzugehen. Ein gebrochener Mast kann eine Weltmeisterschaft im Nu beenden.“
„An die Grenzen zu gehen, ist das tägliche Brot für euch“, lobt Werner M. Dornscheidt. Der scheidende Messechef der „boot“ und sein Team unterstützten den Captains Day als langjähriger Gastgeber und Verfechter seiner Grundidee. „Unsere Nachwuchsathleten sind Aushängeschilder. Sie brauchen starke Partner aus der Wirtschaft an ihrer Seite“, betont Dornscheidt. Und weiter: Sportliche Herausforderungen zu meistern, benötige intensives Training. Die berufliche Ausbildung dürfe dabei jedoch nicht zu kurz kommen.
Ziel 2020: Perfekte Vermittlungsquote mit Online-Sportlerbörse
85 Prozent der Captains Day Teilnehmer konnte die Sportstiftung im Vorjahr vermitteln. Neben Praktika, Kooperationen bei Bachelor- und Masterarbeiten sowie Nebenjobs waren darunter drei Festanstellungen. „Unsere neue Online-Sportlerbörse hat das Potenzial, die Nachfrage unserer etwa 400 geförderten Athletinnen und Athleten zu 100 Prozent zu decken“, ist Geschäftsführer Jürgen Brüggemann überzeugt.
„Unser Ziel ist es, dass Unternehmen und Sportler über diese digitale Plattform jederzeit zusammenfinden. Die Sportstiftung NRW verspricht dabei immer qualitativ hochwertige Kontakte“, sagt Vorstandsvorsitzende Ute Schäfer. In der Online-Sportlerbörse sind ausführliche Profile, Bewerbungsunterlagen und Vorstellungsvideos der Athleten für registrierte Unternehmen abrufbar. Zusätzlich können Unternehmen kostenfrei sportlerfreundliche Stellenanzeigen hochladen.
Rund 200 Partnerunternehmen umfasst das Netzwerk der Sportstiftung NRW aktuell. Dirk Lindner aus Düsseldorf ist Teil dieser Community „Wirtschaft & Leistungssport“. Er ist überzeugter Unterstützer der Zwillingskarriere und Förderer eines Deutschlandstipendiums für einen studierenden Bundeskaderathleten: „Top-Leistungen im Sport werden sich im Job fortsetzen.“
Ruderin Charlotte Körner, 22, stößt in dasselbe Horn: „Oft denkt man, dass es unmöglich sei zu gewinnen, wenn eine Mannschaft erst kurz vor dem Rennstart zusammengestellt wird. Aber als Team kann man das Unmögliche immer möglich machen.“
Messechef Werner M. Dornscheidt machte – auch im Namen seines Nachfolgers Wolfram Diener – deutlich: „Der Captains Day kann auch in Zukunft auf uns als Partner zählen“. Die zehnte Ausgabe im Jahr 2021 wartet mit einem neuen Format auf.
Beim Captains Day 2020 dabei waren außerdem Lukas Resch, Lara Käpplein und Johanna Goliszewski (alle Badminton), Raoul Bonah (Fechter), Lukas Geller, Klara Thiele und Robin Goeritz (alle Rudern), Frederik Schreiber (Judo), Tim Eikermann und Philipp Trutenat (beide Leichtathletik), Uta Sreckert (Para-Leichtathletik) und Verena Kaiser (Boxen).
Der Captains Day mit der Sportlerbörse wurde 2011 von der Sportstiftung NRW initiiert. Die Veranstaltung ist ein Baustein der sogenannten Zwillingskarriere für olympische und paralympische Athleten mit Trainings- oder Lebensmittelpunkt in Nordrhein-Westfalen.